Rz. 271

Der Versicherungsnehmer ist gegenüber dem Versicherer aus unterschiedlichem Anlass dazu verpflichtet, bestimmte Umstände unverzüglich anzuzeigen. Gemäß § 6 Nr. 1 AFB 87/B § 1 AFB 2010 stellt es eine Verletzung der Anzeigepflicht dar, bei Abschluss des Versicherungsvertrages im Antragsformular unzutreffende Angaben über gefahrerhebliche Umstände gemacht zu haben. Hierzu gehören u.a. zutreffende Angaben über die Art des in den versicherten Räumen konkret betriebenen Gewerbes.[305] Die Regelungen des B § 1 AFB 2010 entsprechen dem Inhalt der gesetzlichen Obliegenheit der §§ 19 ff. VVG.

Kommt die Feuerversicherung bspw. als Industrieversicherung über einen Makler zustande und wird für den Abschluss des Vertrages ein vom Makler entworfener Fragebogen verwendet, so fehlt die Tatbestandsvoraussetzung "nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat" (§ 19 Abs. 1 S. 1 VVG).[306] Etwas anderes soll erst gelten, wenn sich der Versicherer die Fragen des Maklers ausdrücklich zu eigen macht. Konsequenz der Ansicht des OLG Hamm ist auch, dass der Versicherer der Belehrungspflicht (§ 19 Abs. 5 VVG) nicht nachkommt. Selbst wenn eine Belehrung vorhanden gewesen wäre, stammt sie vom Makler und nicht vom Versicherer. Die in B § 1 AFB 2010 enthaltene Belehrung erfolgt zwar durch den Versicherer, gesondert und in Textform. Es fehlt aber der inhaltliche und zeitliche Bezug zum Fragebogen. Außerdem versteckt sich der Hinweis in den fast 40 seitigen Bedingungen. Der mit § 19 Abs. 5 VVG bezweckten Warnfunktion genügt der Hinweis in den AFB 2010 nicht.

 

Rz. 272

Der Versicherungsnehmer ist gem. § 6 Nr. 4 AFB 87 bei Aufnahme oder Veränderung eines Betriebes – gleich welcher Art und welchen Umfangs – zu unverzüglicher Anzeige verpflichtet. Unterlässt der Versicherungsnehmer eine entsprechende Anzeige, stellt dies in der Regel zugleich eine Gefahrerhöhung dar, die zur Leistungsfreiheit führen kann. In A § 12 AFB 2010 wird generell auf Änderungen in Bezug auf im Antrag nachgefragte Umstände abgestellt.

 

Rz. 273

Verschafft sich der Versicherungsnehmer für eine oder mehrere versicherte Sachen weiteren Versicherungsschutz bei einem anderen Versicherer, hat er diesen Umstand und die vereinbarte Versicherungssumme dem bisherigen Versicherer unverzüglich schriftlich anzuzeigen (§ 9 Nr. 1 AFB 87/B § 11 AFB 2010). Die Anzeigepflicht bei Mehrfachversicherung soll betrügerische Doppelversicherungen verhindern.

 

Rz. 274

§ 97 VVG verpflichten jeden Versicherungsnehmer dazu, die Veräußerung der versicherten Sache dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Die Verletzung dieser Pflicht kann ebenfalls eine zur Leistungsfreiheit führende Obliegenheitsverletzung begründen, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in welchem die Anzeige dem Versicherer hätte zugehen müssen. Für den Bereich der Feuerversicherung wird diese Regelung durch § 2 Nr. 3 c AFB 87/A § 14 AFB 2010 zugunsten des Erwerbers abgeändert.

[305] OLG Koblenz NVersZ 2002, 276. Dort wurde im Anzeigeformular ein Bordellbetrieb als "Pension" umschrieben.
[306] OLG Hamm v. 3.11.2010 – 20 U 38/10, VersR 2011, 469 m. Anm. Schimikowski, jurisPR-VersR 2/2011 Anm. 6 und Naujok, VersR 2011, 477 ff.

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