Rz. 97
Die in den AFB 87 bzw. 2010 enthaltene Standarddeckung wird nicht jedem Risiko gerecht. Aus dem Bedarf an "maßgeschneidertem" Versicherungsschutz entwickelten die Feuerversicherer weitere Deckungspakete, die der Versicherungsnehmer je nach Bedarf und durch gesonderte Vereinbarung auf die Standarddeckung "aufsatteln" kann.
1. Klauseln
Rz. 98
Annähernd jeder Feuerversicherungsvertrag enthält neben dem Verweis auf die dem Vertrag zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen auch Verweise auf Klauseln. Hierbei handelt es sich um ständig wiederkehrende und damit den Allgemeinen Versicherungsbedingungen vergleichbare Regelungen für den Einzelfall. Sie dienen der individuellen Abgrenzung des Risikos.
Mit der Verabschiedung der AFB 87 wurden auch diverse andere Klauselwerke im Bereich der Sachversicherung überarbeitet und neu gegliedert. Dadurch entstand ein einheitliches Klauselwerk (siehe Rdn 11 f.).
2. EC-Deckung
a) Allgemeines
Rz. 99
In den siebziger Jahren stieß der Ausschlusstatbestand der inneren Unruhen auf zunehmende Kritik. Insbesondere industrielle Versicherungsnehmer zeigten Interesse daran, sich gegen zunehmende Risiken durch innere Unruhen zu schützen. In Anlehnung an das im angelsächsischen Versicherungsrecht vorherrschende Baukastenprinzip entwickelten auch die deutschen Versicherer eine so genannte EC-Deckung ("Extended Coverage" = erweiterte Deckung).
Rz. 100
Das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen genehmigte im Jahre 1978 die "Bedingungen der Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuerversicherung für die Industrie- und Handelsbetriebe" (EGB 87) sowie die "Bedingungen der Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung". Aktuell sind die "Allgemeinen Bedingungen für die Versicherung zusätzlicher Gefahren zur Feuerversicherung" (ECB 2010, zu finden im Download).
Mit dem System der EC-Deckung können mittels Baukastenprinzips bestimmte Ausschlusstatbestände unter Versicherungsschutz gestellt werden. Folgende Risiken sind als jeweils rechtlich selbstständige Verträge versicherbar:
▪ |
innere Unruhen, böswillige Beschädigungen, Streik oder Aussperrung, |
▪ |
Fahrzeuganprall, Rauch, Überschallknall, |
▪ |
Wasserlöschanlagen-Leckage, |
▪ |
Leitungswasser, |
▪ |
Sturm, Hagel, |
▪ |
Einbruchdiebstahl, Vandalismus nach einem Einbruch, Raub, |
▪ |
Überschwemmung, Rückstau, |
▪ |
Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch |
▪ |
Schneedruck, Lawinen |
▪ |
Vulkanausbruch. |
Die aus der EC-Deckung resultierenden Überschneidungen mit den Deckungsbereichen der Leitungswasser-, Sturm- und Hagelversicherung wurden erkannt, aber in Kauf genommen.
b) Innere Unruhen, böswillige Beschädigungen, Streik, Aussperrung
Rz. 101
Um die Risiken der inneren Unruhen, böswilligen Beschädigungen, Streik und Aussperrung für den Versicherer kalkulierbar zu machen, enthalten die §§ 4 bis 9 EGB 87/§ 2 ECB 2010 Vorschriften zur näheren Bestimmung der Risiken. Eine Ausnahme von der Deckung besteht, wenn öffentlich-rechtliche Entschädigungsansprüche bestehen. Dem Versicherer steht ein gesondertes Kündigungsrecht mit oft kurzer Frist (eine Woche) zu. Er kann sich damit bei der Entstehung von Unruhen größeren Ausmaßes kurzfristig freizeichnen.
Rz. 102
Böswillige Beschädigung ist jede vorsätzliche unmittelbare Beschädigung oder Zerstörung von versicherten Sachen, die von außen kommt, also nicht durch Betriebsangehörige verursacht wurde. Hierzu gehören auch Schäden durch Vandalismus.
Rz. 103
Streik ist die gemeinsam planmäßig durchgeführte Einstellung der Arbeit durch eine verhältnismäßige große Zahl von Arbeitnehmern, die auf ein bestimmtes Ziel gerichtet sein muss. Für die Aussperrung kommt es auf die gleichen Kriterien an, nur wird die Arbeitseinstellung durch die Aussperrung ersetzt.
Rz. 104
Bei der Deckungserweiterung "Fahrzeuganprall" kann es sich um Zusammenstöße sowohl mit Schienen- als auch mit Straßenfahrzeugen handeln. Voraussetzung für die Deckung ist aber, dass das Fahrzeug weder vom Versicherungsnehmer noch vom Nutzer des Gebäudes oder dessen Arbeitnehmern betrieben wurde.
Rz. 105
Aufgrund oftmals erforderlicher Wasserlöschanlagen besteht die Möglichkeit der Deckungserweiterung auf Schäden durch eine "Wasserlöschanlagen-Leckage". Versichert ist nur der bestimmungswidrige Austritt von Wasser oder auf Wasser basierenden Flüssigkeiten. Es handelt sich insoweit um eine Allgefahrendeckung. Außerdem versichert sind Schäden innerhalb von Gebäuden durch Rohrbruch oder Frost an Zu- oder Ableitungsrohren der Wasserlöschanlagen.
Rz. 106
Hinsichtlich der weiteren möglichen Deckungserweiterungen, z.B. auf "Leitungswasser" oder "Einbruchdiebstahl", kann auf die Wohngebäudeversicherung (siehe § 4 Rdn 32 ff.) bzw. die Hausratversicherung (siehe § 3 Rdn 80 ff.) verwiesen werden.
c) Elementarschäden
Rz. 107
Unter dem Begriff "Elementarschäden" werden Schäden verstanden, die durch Naturereignisse verursacht wurden. Im Einzelnen handelt es sich um Schäden durch Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung, Erdrutsch, Schneedruck und Lawinen. Auch diese Ri...