Rz. 202
Die Entschädigungsleistung des Versicherers bestimmt sich nach dem Umfang des Schadens des Versicherungsnehmers, also der Beeinträchtigung seines versicherten Interesses. Ihre Berechnung ist in den AFB detailliert geregelt.
1. Allgemeines
Rz. 203
Da die Feuerversicherung systematisch zur Schadensversicherung gehört, gilt der Grundsatz der abstrakten Schadensberechnung. Danach beschränkt sich die Leistungspflicht des Versicherers auch dann auf den objektiven Umfang des Schadens, wenn die Versicherungssumme den Versicherungswert übersteigt.
2. Totalschaden
Rz. 204
Gemäß § 11 Nr. 1 AFB 87/A § 8 Nr. 1 AFB 2010 wird bei zerstörten oder infolge eines Versicherungsfalles abhandengekommenen Sachen der Versicherungswert unmittelbar vor dem Eintritt des Versicherungsfalles ersetzt. Ob ein – häufig zur Neuwertentschädigung führender – Totalschaden oder "lediglich" ein niedriger, weil nach den Reparaturkosten zu entschädigender Teilschaden vorliegt, ist häufig Streitpunkt zwischen Versicherungsnehmer und Versicherer.
Rz. 205
Ein Totalschaden liegt vor,
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wenn die an der Sache entstandenen Beschädigungen technisch nicht mehr zu beseitigen sind (technischer Totalschaden) oder |
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wenn die Reparatur wirtschaftlich unvernünftig ist, da die dadurch verursachten Kosten höher als der Versicherungswert sind (wirtschaftlicher Totalschaden) oder |
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wenn trotz einer technischen Beseitigung der Schäden an der Sache ihr weiterer Gebrauch durch den Versicherungsnehmer nicht mehr möglich oder dem Versicherungsnehmer nicht mehr zumutbar ist. |
Rz. 206
Treten nach dem Schadenfall Preissteigerungen auf, die dazu führen, dass die vom Versicherer vertragsgemäß zu erbringende Entschädigungsleistung zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands nicht ausreicht, fällt dies grundsätzlich in die Risikosphäre des Versicherungsnehmers. Derartige Risiken können allerdings durch die Vereinbarung besonderer Klauseln vom Versicherer gegen entsprechende Prämienzahlung übernommen werden.
3. Teilschaden (Reparaturschaden)
Rz. 207
Ein Reparaturschaden oder Teilschaden liegt vor, wenn die beschädigte Sache durch die Reparaturmaßnahme in einen Gebrauchszustand versetzt werden kann, in dem der weitere Gebrauch der Sache dem Versicherungsnehmer zugemutet werden kann. Gemäß § 11 Nr. 1 b AFB 87/A § 8 Nr. 1 a bb AFB 2010 werden bei beschädigten Sachen die notwendigen Reparaturkosten zurzeit des Eintritts des Versicherungsfalles zuzüglich einer durch den Versicherungsfall etwa entstandenen und durch die Reparatur nicht auszugleichenden Wertminderung (siehe Rdn 210 ff.), höchstens jedoch der Versicherungswert unmittelbar vor Eintritt des Versicherungsfalles ersetzt.
Rz. 208
Solange der Versicherungsnehmer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, umfasst die Entschädigungsleistung des Versicherers auch die in den erforderlichen Reparatur- oder Wiederbeschaffungskosten enthaltene Mehrwertsteuer. Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn der Versicherungsnehmer den eingetretenen Schaden nicht oder in Eigenarbeit beseitigt. Es kommt also nicht darauf an, ob er tatsächlich Aufwendungen in entsprechender Höhe hatte. Dem wird mit A § 8 Nr. 8 AFB 2010 begegnet. Umsatzsteuer ist demnach nur zu erstatten, wenn sie tatsächlich angefallen ist.
Rz. 209
Ist der Versicherungsnehmer gewerblich tätig, werden vom Versicherungsschutz darüber hinaus die Kosten für die Feststellung der Reparaturfähigkeit und der Reparaturwürdigkeit sowie die Festlegung der Reparaturmaßnahmen und deren Überwachung mit umfasst. Dadurch verursachte Kosten sind, anders als vorbereitende und begleitende Verwaltungsarbeiten des Versicherungsnehmers, im privaten Bereich Teil der Reparaturkosten. Die Kosten für ein privates Sachverständigengutachten sind hingegen nicht Teil der Reparaturkosten und werden deshalb nicht ersetzt. Ebenso wenig sind Architektenkosten für die Auswahl, Koordinierung und Überwachung von Handwerkern vom Versicherer zu erstatten.
Der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Auszahlung der Versicherungsleistung ist auch bei Vorliegen eines Teilschadens nicht von der Vorlage einer Reparaturkostenrechnung abhängig. In der Sachversicherung besteht grundsätzlich kein Reparaturzwang. Weder der Entschädigungsanspruch bei Teilschäden insgesamt noch die Berechnung und die Fälligkeit dieses Anspruchs hängen davon ab, dass die beschädigte versicherte Sache wiederhergestellt wird. Führt der Versicherungsnehmer keine Reparatur der beschädigten Sache durch, ist er dazu berechtigt, die Höhe der vom Versicherer zu erbringenden Versicherungsleistungen durch einen Kostenvoranschlag zu belegen.