Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
a) Überblick
Rz. 2
Zitat
"Financial Planning (FP) ist eine ganzheitliche Beratungsdienstleistung, die als ein systematisch koordinierter Planungsprozess – bestehend aus Auftragsvergabe, Datenaufnahme, Analyse, Planung, Dokumentation, Betreuung mit Realisierung und periodischer Kontrolle – organisiert ist. Financial Planning soll den Menschen in seinen möglichen Rollen als wirtschaftlich handelndes Individuum, Familienangehörigen oder Unternehmer in die Lage versetzen, seine durch den Eintritt oder die Erwartung bestimmten Lebensereignisse ausgelösten finanziellen Ziele zu konkretisieren und unter Berücksichtigung der spezifischen finanziellen, persönlichen und familiären Ausgangslage zu optimieren."
Im Bild eines "Finanzarztes" gesprochen geht es um eine umfassende Anamnese (griech.: Erinnerung), welche die quantitativen Daten des konkreten Individuums aufnimmt und die Geld-Erfahrungen notiert und in einer handlungsfähigen Therapie mündet. Die vererbende Generation kennzeichnet sich durch die Erfahrung der Geldentwertung und den Aufbau nach den Kriegswirren und weist damit eine andere Beziehung zum Geld- und Sachvermögen als die Erbengeneration auf. Dies wird jedoch nicht so bleiben. Mit der Generation der heute Fünfzigjährigen stehen bereits die Wirtschaftswunderkinder mit ganz anderen Beratungsbedürfnissen in den Startlöchern. So steht die detaillierte finanzielle Versorgung im Alter ebenso auf der Agenda wie ein zielgerichtetes Vermögensübertragungsregime bei komplexer sich gestaltender Lebenswirklichkeit ("Patchwork-Familien"; Bastelbiographien).
Rz. 3
Den Regelkreislauf des Finanzplanungsprozesses mit den Nebenbedingungen zeigt folgende Grafik:
Die einzelnen Teilgebiete stehen in einer vernetzten Grundstruktur. Die Immobilieninvestition steht in Beziehung zur Refinanzierungsstruktur, hat steuerliche Komponenten, bedarf einer angemessenen Absicherung diverser Risiken und einer separaten Betrachtung bei einer Nachfolgeplanung unter dem Gesichtspunkt Erbengemeinschaft.
Rz. 4
Der Finanzplan umfasst folgende Teilgebiete:
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Vermögensplanung |
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Liquiditätsplanung |
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Steuerplanung |
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Investitions- und Finanzierungsplanung |
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Vorsorgeplanung |
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Altersversorgung |
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Unternehmensnachfolge |
Unter Vorsorgeplanung ist nicht die Analyse des Risikos einzelner Vermögensgegenstände oder des Gesamtvermögens gemeint. Vielmehr steht die Analyse der allgemeinen biometrischen Lebensrisiken im Mittelpunkt:
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Krankheit und Pflege |
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Berufsunfähigkeit |
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Tod |
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Langlebigkeit |
Schließlich sind noch die biographischen Risiken wie Scheidung und Arbeitslosigkeit mit in den Blick zu nehmen. Allen Risiken gemeinsam sind die Folgen: Unterbrechung eines Vermögensbildungsprozesses aus dem Erwerbseinkommen und drohender Einsparungsprozess aus dem Vermögen.
Rz. 5
Ohne eine bedarfsgerechte Absicherung der wichtigsten Lebensrisiken kann jede Vermögens-, Einkommens- und Liquiditätsplanung zur Makulatur werden. Als Ausgangspunkt eines Risiko-Szenarios wird grundsätzlich die Prämisse gewählt, dass der bisherige ökonomische Lebensstandard beibehalten werden soll. Das bedeutet, dass die bisherigen Lebenshaltungskosten auch im Risikofall zu erbringen sind, eventuell erhöht durch Kosten für Pflege, Medizin etc.
Praxishinweis
Diese Überlegungen sind auch für den Testamentsvollstrecker von Bedeutung. Im Rahmen seiner Tätigkeit z.B. für minderjährige Erben muss er diese Risiken zusammen mit einem Finanzplaner erörtern und eine individuell angepasste Strategie entwerfen. Sollte ein berufliches Intermezzo im Ausland anstehen, so ist bei einer privaten Krankenversicherung die Anwartschaft zur sichern und hierfür ein Budget einzuplanen.
b) Grundsätze der ordnungsgemäßen Finanzplanung und der ganzheitlichen Beratung
Rz. 6
Der hohe Anspruch an die Arbeit eines zertifizierten Finanz- und Nachfolgeplaners spiegelt sich in den Grundsätzen ordnungsgemäßer Finanzplanung (GoF) wider: Vollständigkeit, Vernetzung, Individualität, Richtigkeit, Verständlichkeit, Dokumentationspflicht und Einhaltung der Berufsgrundsätze (Objektivität, Neutralität, Integrität, Vertraulichkeit, Kompetenz und Professionalität). Innerhalb der Systematik der Finanzplanung werden zwei Phasen unterschieden:
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produktneutrale Finanzplanungsphase mit den Teilschritten Auftragsvergabe, Datenaufnahme, Analyse und Planerstellung, Präsentation und Strategiegespräch und |
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die Umsetzungsphase. |
Für die erste Phase gelten die GoF. Der Finanzplaner ist ausschließlich dem Kundeninteresse verpflichtet und sollte in der Regel honorarpflichtig sein. In der zweiten Phase gelten die Berufsgrundsätze Kompetenz und Professionalität ohne Abstriche.
Rz. 7
Unabhängig davon, in welcher Form die Dienstleistung erbracht wird, ist der zentrale Grundsatz, durch den sich diese Form der Beratung z.B. von der Kapitalanlageberatung unterscheidet, der Grundsatz der Ganzheitlichkeit. Hierbei wird nicht nur zu einer einzelnen Kapitalanlage beraten, sondern es werden alle Faktoren der finanziellen, abe...