Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 68
Bei festverzinslichen Wertpapieren kommt es bei einem Renditeanstieg im Vergleich zum Kaufdatum zu einem Kursrückgang der Anleihe und vice versa. Die mittlere Kapitalbindungsdauer bei einer Anleihe (Duration) sollte somit dem Anlagehorizont des Investors entsprechen. Die Reagibilität des Anleihekurses in Bezug auf eine Renditeveränderung misst man mit der Modified Duration. Je höher sie liegt, desto höher schwankt der Anleihekurs bei einer Veränderung der Rendite um einen Basispunkt. Rentenfonds sollten im Kontext eines zu erwartenden signifikanten Zinsanstiegs überprüft werden. In den monatlich aufgelegten Key Investor Document (KID) vieler Rentenfonds findet sich die Duration. Der Tausch in einen Fonds mit geringerer Duration wäre bei einer entsprechenden Zinserwartung notwendig.
Rz. 69
Die gravierende Auswirkung eines Renditeanstiegs auf den Kursverlauf einer Anleihe lässt sich eindrucksvoll an der ersten im Euro-Raum emittierten hundertjährigen Staatsanleihe der Republik Österreich darstellen. Der Zinskupon für die im September 2017 lancierte Anleihe lag bei 2,1 % p.a. (ISIN AT0000A1XML2). Für eine zehnjährige Laufzeit belief sich der Kupon zum gleichen Zeitpunkt bei 0,6 %:
Auf dem Kursniveau von 106,276 % per 12.4.2022 rentiert sich die Anleihe nunmehr mit 1,865 % p.a.
Praxishinweis
Häufig werden die Wechselkursschwankungen bei Währungsanleihen unterschätzt. So lockten in der Vergangenheit hohe Nominalzinsen bei isländischen Anleihen. Die Heimatwährung vollzog jedoch eine massive Abwertung, so dass auf Eurobasis der Anleger einen Verlust generierte. Bei hohen Zinsdifferenzen von in- und ausländischen Währungen sollte daher der fundamentale Hintergrund erschlossen werden.
Rz. 70
Auf der anderen Seite suchen Anleger im Kontext der Staatsfinanzkrise innerhalb der EU Alternativen zum Euro. Nicht nur für offensivere Risikomentalitäten scheint eine Währungsdiversifikation überlegenswert. Um einen Herdentrieb vorzubeugen, sollte sich der Investor intensiv mit den ökonomischen Rahmenbedingungen des Ziellandes auseinandersetzen und die Schuldner sowie die Liquidität der Anleihe für einen eventuellen Verkauf vor Fälligkeit berücksichtigen.
Rz. 71
Bei Fremdwährungsanleihen und Aktien in Fremdwährung unterliegen die laufenden Erträge sowie Kursgewinne- und Verluste bei Zufluss als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Abgeltungsteuer. Allfällige Devisenergebnisse werden ermittelt durch Umrechnungskurse zum Zeitpunkt des Erwerbs respektive Verkaufs oder Einlösung. Dabei ist die Tatsache unerheblich, ob die Anschaffung und Gutschrift der Wertpapiere von einem Fremdwährungskonto oder Eurokonto erfolgt.
Die Devisengewinne und -Verluste werden bei Fremdwährungseinlagen im Falle eines Umtausches in Euro als sonstige Einkünfte (privates Veräußerungsgeschäft) erfasst. Sie unterliegen der individuellen Tarifbesteuerung des Anlegers. Die Spekulationsfrist liegt seit 2005 bei unverzinslichen Fremdwährungskonten bei einem Jahr, im Falle von verzinslichen Konten bei zehn Jahren.
Rz. 72
In 2010 begann zunächst in Griechenland die Euro-Schuldenkrise, die sich dann auf weitere Mittelmeeranrainersaaten ausdehnte. In den sogenannten PIIGS-Staaten erhöhte sich die Staatsverschuldung gegenüber den Kern-Europastaaten um Vielfaches. Im Maastricht-Vertrag von 1992 wurden sogenannten Konvergenzkriterien fixiert. Die Sorge um drohende Staatsinsolvenzen führte zu den Spreadausweitungen dieser Staatsanleihen z.B. gegenüber der Bundesrepublik Deutschland und zeigte die gestiegene Nervosität der Marktakteure zur hinreichenden Krisenbewältigung innerhalb der Europäischen Union. Die Renditen z.B. der griechischen Staatsanleihen liegen je nach Laufzeitfenster um bis zu 10 % über denen deutscher Staatsanleihen.
In der Eurozone lag 2020 die Staatsverschuldungsquote bei rund 90 % in Relation zum Bruttoinlandsprodukt. Und wie reagierten die Zinsmärkte? Die Spreadausweitungen bildeten sich größtenteils zurück (Ausnahme Italien). Im Raume stehen jetzt EURO-Bonds, bei denen letztlich dem Anleger u.U. gar nicht klar ist, welcher Staat aus der Eurozone der Schuldner ist.
Bei einer Investition im EURO-Staatsanleihensektor erzielen wir aktuell immer noch Zinsaufschläge in den am höchsten verschuldeten EUR-Mitgliedsländern, gleichwohl muss man die Gefahr von drohenden Staatspleiten nicht ausblenden.
Rz. 73
Der nächste Chart symbolisiert eindeutig die Risikoaufschläge von Unternehmensanleihen (High Yield), wie sie sich fast im Gleichklang mit der Staatsfinanzmarktkrise entwickelte und wieder entspannte. Es zeigt auch, dass die Märkte bei Vertrauensverlust umgehend die Preise – sprich die Rendite – hochsetzen einschließlich aller negativer Folgen für ein bis dahin ruhiges Rentendepot.
Der Rückblick auf diese Zeiten scheint uns wichtig, da die grundsätzliche Brisanz des Themas aufschäumende Staatsverschuldung ohne Lösungsansätze zur Reduzierung derselben bleibt. Niedrige Renditen verleiten zu hohen Fremdkapitalaufnahmen, gefährden auf Dauer die Refinanzierung näml...