Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
I. Geordnete Nachfolgeregelung – ein originäres Interesse der Banken
Rz. 1
Es kann durchaus als ein Verdienst der Banken angesehen werden, das Erfordernis nach einer geordneten Nachfolgeregelung in breiteren Kreisen der Bevölkerung bekannt gemacht zu haben. Dass sie damit zugleich auch eigene Interessen verfolgen, ist in diesem Zusammenhang nicht als schändlich anzusehen, sondern unserem Wirtschaftssystem geschuldet.
Im Bereich der Unternehmen ergibt sich das Interesse der Kreditinstitute an einer geordneten Nachfolgeregelung aus dem Scoring für Firmenkunden. Im Privatkundensegment überwiegt die Sorge um den Verlust ertragreicher Kundenbeziehungen. Durch eine konsequente Betreuung im Rahmen des Generationenmanagements soll die Geschäftsbeziehung über den Tod des Erblassers für das eigene Haus sichergestellt werden.
Die Testamentsvollstreckung im Bereich der Privatkunden spielt für Kreditinstitute in der Breite zwar immer noch eine eher untergeordnete Rolle, wird aber teilweise mit erheblichem Marketingaufwand propagiert. Anders verhält es sich mit der Testamentsvollstreckung an Unternehmen. In diesem Bereich sind die Banken nicht zuhause, hier kann nur an die Verantwortung der Kreditinstitute appelliert werden, ausgewiesene Experten hinzuzuziehen. In der Praxis nehmen die Banken diese Verantwortung auch wahr.
1. Verständnis von Finanzplanung (Financial Planning)
a) Überblick
Rz. 2
Zitat
"Financial Planning (FP) ist eine ganzheitliche Beratungsdienstleistung, die als ein systematisch koordinierter Planungsprozess – bestehend aus Auftragsvergabe, Datenaufnahme, Analyse, Planung, Dokumentation, Betreuung mit Realisierung und periodischer Kontrolle – organisiert ist. Financial Planning soll den Menschen in seinen möglichen Rollen als wirtschaftlich handelndes Individuum, Familienangehörigen oder Unternehmer in die Lage versetzen, seine durch den Eintritt oder die Erwartung bestimmten Lebensereignisse ausgelösten finanziellen Ziele zu konkretisieren und unter Berücksichtigung der spezifischen finanziellen, persönlichen und familiären Ausgangslage zu optimieren."
Im Bild eines "Finanzarztes" gesprochen geht es um eine umfassende Anamnese (griech.: Erinnerung), welche die quantitativen Daten des konkreten Individuums aufnimmt und die Geld-Erfahrungen notiert und in einer handlungsfähigen Therapie mündet. Die vererbende Generation kennzeichnet sich durch die Erfahrung der Geldentwertung und den Aufbau nach den Kriegswirren und weist damit eine andere Beziehung zum Geld- und Sachvermögen als die Erbengeneration auf. Dies wird jedoch nicht so bleiben. Mit der Generation der heute Fünfzigjährigen stehen bereits die Wirtschaftswunderkinder mit ganz anderen Beratungsbedürfnissen in den Startlöchern. So steht die detaillierte finanzielle Versorgung im Alter ebenso auf der Agenda wie ein zielgerichtetes Vermögensübertragungsregime bei komplexer sich gestaltender Lebenswirklichkeit ("Patchwork-Familien"; Bastelbiographien).
Rz. 3
Den Regelkreislauf des Finanzplanungsprozesses mit den Nebenbedingungen zeigt folgende Grafik:
Die einzelnen Teilgebiete stehen in einer vernetzten Grundstruktur. Die Immobilieninvestition steht in Beziehung zur Refinanzierungsstruktur, hat steuerliche Komponenten, bedarf einer angemessenen Absicherung diverser Risiken und einer separaten Betrachtung bei einer Nachfolgeplanung unter dem Gesichtspunkt Erbengemeinschaft.
Rz. 4
Der Finanzplan umfasst folgende Teilgebiete:
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Vermögensplanung |
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Liquiditätsplanung |
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Steuerplanung |
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Investitions- und Finanzierungsplanung |
▪ |
Vorsorgeplanung |
▪ |
Altersversorgung |
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Unternehmensnachfolge |
Unter Vorsorgeplanung ist nicht die Analyse des Risikos einzelner Vermögensgegenstände oder des Gesamtvermögens gemeint. Vielmehr steht die Analyse der allgemeinen biometrischen Lebensrisiken im Mittelpunkt:
▪ |
Krankheit und Pflege |
▪ |
Berufsunfähigkeit |
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Tod |
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Langlebigkeit |
Schließlich sind noch die biographischen Risiken wie Scheidung und Arbeitslosigkeit mit in den Blick zu nehmen. Allen Risiken gemeinsam sind die Folgen: Unterbrechung eines Vermögensbildungsprozesses aus dem Erwerbseinkommen und drohender Einsparungsprozess aus dem Vermögen.
Rz. 5
Ohne eine bedarfsgerechte Absicherung der wichtigsten Lebensrisiken kann jede Vermögens-, Einkommens- und Liquiditätsplanung zur Makulatur werden. Als Ausgangspunkt eines Risiko-Szenarios wird grundsätzlich die Prämisse gewählt, dass der bisherige ökonomische Lebensstandard beibehalten werden soll. Das bedeutet, dass die bisherigen Lebenshaltungskosten auch im Risikofall zu erbringen sind, eventuell erhöht durch Kosten für Pflege, Medizin etc.
Praxishinweis
Diese Überlegungen sind auch für den Testamentsvollstrecker von Bedeutung. Im Rahmen seiner Tätigkeit z.B. für minderjährige Erben muss er diese Risiken zusammen mit einem Finanzplaner erörtern und eine individuell angepasste Strategie entwerfen. Sollte ein berufliches Intermezzo im Ausland anstehen, so ist bei einer privaten Krankenversicherung die Anwartschaft zur sichern und hierfür ein Budget einzuplanen.