Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 141
Interview mit Antonius Hellmann, Private Banking, Sparkasse Vest Recklinghausen
Der Dauertestamentsvollstrecker soll das Vermögen wie so oft in der Quadratur des Kreises anlegen: sicher, renditestark, liquide und steueroptimiert. Wie sieht der Zielkonflikt zwischen Rendite und Liquidität aus?
Diesen Zielkonflikt hat es immer schon gegeben. Er wurde in den letzten Jahrzehnten nur nicht so sehr thematisiert. Aktuell befinden wir uns in einer Phase erhöhter Inflation, das heißt, wer das Geld einfach auf dem Konto liquide hält, verliert an Kaufkraft, und das nicht zu knapp. Die Inflationszahlen sind so stark wie seit den 70er Jahren nicht mehr.
Aktien erlebten in den vergangenen Jahren einen signifikanten Aufstieg. Zum Jahreswechsel lief der Markt wie man so schön sagt fest und dann brach er ein? Politische Börsen haben, so sagt es ein Sprichwort an der Börse, kurze Beine!
In der Tat hat sich diesbezüglich einiges geändert am Markt. Die Zinsentwicklung ist politisch gewollt und die Notenbanken haben diese Entwicklung unterstützt. In Europa ist es die EZB, die in der aktuellen Lage an Glaubwürdigkeit verliert. Die Inflation steigt dynamisch und die Zinsen bleiben unverändert auf null. Die Notenbank soll unabhängig agieren und für eine Preisstabilität sorgen. Hier laufen wir aktuell in die Gefahr, dass die Notenbank die Kontrolle darüber verliert.
Die Abwicklungsvollstreckung zieht sich in manchen Fällen über einen längeren Zeitraum hin. Welche Kurssicherungsmechanismen bieten sich an?
Kurssicherung hört sich erst einmal vernünftig an, doch zunächst einmal muss ich genau schauen, welche Risiken ich sehe und welche Kursausschläge ich kalkuliere bzw. kann ich mir leisten. Die Absicherung ist pauschal nicht zu definieren.
Manche Erblasser bauten in marktengen Wertpapieren erstaunlich hohe Bestände auf. Diese zu liquidieren stellt nicht nur eine emotionale Herausforderung dar.
Die Emotionen sollten bei der Abwicklung außen vor bleiben. Wichtig erscheint mir, sich mit den Marktverhältnissen vertraut zu machen. Kundige Personen zu befragen und mit ins Boot zu nehmen. Die Rahmenbedingungen müssen geprüft und danach eine Exitstrategie aufgezeigt werden.
Gold wird häufig als die Reservewährung in der Geldanlage gesehen, gerade bei Sturmwarnungen wie Inflations- und Kriegsgefahr. Was kann der Praktiker berichten? Welche Anlagemedien stehen zur Auswahl und wie bewerten Sie diese?
Aus der Historie muss man festhalten, dass Gold die Menschen schon immer fasziniert hat. Darüber hinaus ist es die älteste Währung, die alle Zyklen überlebt hat. Gold ist deshalb auch heute noch eine Anlageklasse, die an Bedeutung nicht eingebüßt hat. International sind es die großen Zentralbanken, die über physische Goldpositionen verfügen. Eigentümlicherweise wird bei dem Thema Gold an diesen Stellen geschwiegen. Die Transparenz ist in diesen Märkten nicht besonders hoch. Die aktuellen Entwicklungen bringen das Gold wieder stark in den Fokus der Anleger. In diesem Zusammenhang ist auch Silber zu nennen, denn Silber ist auf einem Preisniveau wie vor 40 Jahren. Heute wird der Markt von kurzfristig agierenden Marktteilnehmern gelenkt, die über die Derivatemärkte ein Vielfaches von dem Handeln, was physisch überhaupt verfügbar ist. Damit wird es einem erschwert, die Preise richtig einzuschätzen.
Die Herausforderung einer Dauertestamentsvollstreckung liegt oft darin, dass z.B. im Rahmen eines Bedürftigen Testaments ein Kapitalstock langfristig anzulegen ist. Welche Asset Allokation wäre aus heutiger Sicht Zielführend?
Der Dauertestamentsvollstrecker hat die Aufgabe, dass ihm anvertraute Vermögen zu schützen, indem er sich mit den potenziellen Risiken auseinandersetzt. Die Welt ist in Bewegung und die Veränderungsdynamik ist an vielen Stellen mehr als zu spüren. Die Inflation ist zurück. Es ist unter Umständen an der Zeit, alte Denkmuster auf den Prüfstand zu bringen. Gute Sachwerte im Auge zu behalten, und im Speziellen Aktien von soliden Firmen mit nachhaltigen Geschäftsmodellen herausfiltern, das wird die große Herausforderung für die nächsten Jahre sein. Die Asset Allokation darf nicht statisch definiert werden, sondern muss immer wieder auf den Prüfstand. Die Rahmenbedingungen ändern sich. Hierbei darf der politische Einfluss nicht unerwähnt bleiben, ohne hier weiter darauf eingehen zu wollen.
Anleihen galten früher als verlässlicher Renditebringer. Buy and Hold und das war´s. Heute sieht die Welt anders aus. Auskömmliche Realrenditen sind nur durch erhöhtes Risiko zu erwirtschaften.
Aufgrund der hohen Schuldenstände dürften die Zinsen tief bleiben. Das Aktiensegment ist eines der wenigen liquiden Anlageklassen, dass ausreichende Chancen bietet, um den Kaufkraftverlust durch die stark gestiegene Inflation ausgleichen zu können.
Zuletzt die "Frage aller Fragen". Vergleichbar einem Arzt, dem man nach einem gesunden Lebensstil fragt und er Hinweise zur Ernährung, Vorsorge und Bewegung gibt: Welche Regeln für eine konsistente Kapitalanlage geben Sie unseren ...