Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
1. Sachverhalt
Rz. 18
Die Eheleute Rosemarie und Hans H. sind seit über 40 Jahren verheiratet. Herr H. betreibt mit 64 Jahren eine Landschaftsgärtnerei in der Rechtsform einer GmbH. Frau H. zog sich aus dem Unternehmen vor einigen Jahren nach einem Unfall zurück. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor. Tochter T verantwortet den kaufmännischen Bereich und ist kinderlos verheiratet. Der Sohn S arbeitet ebenfalls im elterlichen Betrieb.
Der Vermögensstatus stellt sich wie folgt dar:
Bezeichnung |
Anteil |
EUR |
Bezeichnung |
Anteil |
EUR |
Aktiva |
100 % |
2.236.437 |
Passiva |
100 % |
2.236.437 |
A. Liquides Vermögen |
53,2 % |
1.190.494 |
A. Darlehen |
6,4 % |
143.915 |
Geldwerte |
1,0 % |
736.196 |
Gewerbebetrieb |
|
0 |
Wertpapiervermögen |
1,0 % |
454.298 |
Immobilien |
|
143.915 |
B. Immobilien |
43,2 |
965.399 |
Selbstständige Tätigkeit |
|
0 |
Eigengenutzte Immobilien |
|
175.000 |
Kapitalvermögen |
|
0 |
Fremdgenutzte Immobilien |
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790.399 |
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Geschlossene Immobilienfonds |
|
0 |
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C. Beteiligungen |
0 % |
0 |
B. Sonstige Verbindlichkeiten |
0 % |
0 |
Unternehmensbeteiligungen |
|
0 |
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Geschlossene Fonds |
|
0 |
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D. Versicherungen |
1,7 % |
37.881 |
C. Eigenkapital |
93,6 % |
2.092.522 |
Kapital-Lebensversicherungen |
|
37.881 |
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Fondsgeb. Lebensversicherungen |
|
0 |
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Rentenversicherungen |
|
0 |
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E. Sonstige Vermögenswerte |
1,9 % |
42.663 |
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Dabei verteilen sich die Einnahmen wie folgt:
Im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung geht es den Eheleuten H. um die Frage der finanziellen Sicherung des Lebensstandards im Alter. Bei einem Berufsausstieg im Jahr 2010 stehen Ausgaben über 40.800 EUR Einnahmen in Höhe von 68.700 EUR gegenüber.
2. Konkreter Planansatz
Rz. 19
Im Rahmen einer privaten Einnahmen-/Ausgaben-Rechnung werden – ähnlich wie bei der Gewinnermittlung – die Geld-Zuflüsse und Geld-Abflüsse gemessen und erfasst. Sie unterscheidet sich aber hiervon in der Weise, dass keine Abschreibungen (AfA) erfasst werden. Es werden ausschließlich Geldströme berücksichtigt. Die Wertveränderungen des Gesamtvermögens gelangen mit in die Gesamtschau.
Praxishinweis
Wichtig für die Finanzplanung ist der gewonnene Wert der freien Liquidität, der für die Vermögensbildung zur Verfügung steht. Im vorliegenden Fall stehen 17.900 EUR zur Disposition.
Rz. 20
Eine Analyse des Vermögens ergibt im vorliegenden Fall, dass die meisten Immobilien aus den siebziger Jahren stammen, die Mieter alteingesessen sind und es einen erheblichen Renovierungsstau gibt. Bei einer Anschlussvermietung müssten Preiszugeständnisse gemacht werden und Sanierungsmaßnahmen für eine zeitgemäße Ausstattung und Energiebewirtschaftung erfolgen. Bei allen bisherigen Überlegungen unberücksichtigt geblieben ist eine Ferienwohnung in einer Alpenrepublik.
Rz. 21
Weiterhin ist festzustellen, dass die liquiden Vermögensanlagen nicht zielorientiert, sondern eventgetrieben erfolgten und nicht zur deklarierten konservativen Risikoklassifikation der Eheleute H. passen. In der Vergangenheit erwarben sie überdurchschnittlich viele hoch verzinsliche Unternehmensanleihen mit teilweise niedriger Bonitätseinstufung.
Der Sohn ist mit 10 % an der GmbH neben seinem Vater beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag sieht für den Todesfall von Herrn H. den Eintritt seiner Tochter vor.
Rz. 22
Bei der familiären Anamnese ergibt sich, dass Sohn S spielsüchtig ist. Jährlich unterstützen die Eltern ihn mit einem fünfstelligen Betrag. Seine Leidenschaft führte bereits zu einer Verschuldungsproblematik. Mittlerweile ist er geschieden. Er zahlt unregelmäßig Unterhalt für sein Kind. Die Tochter lebt zu ihrem Bruder auf Distanz und will mit ihm privat nicht verkehren. Als Unternehmensnachfolger scheidet Sohn S nach den Vorstellungen der Eltern wegen seiner Spielsucht aus. Auch Tochter T kommt nicht in Betracht.
Im Rahmen der Ermittlung der erbrechtlichen Vorstellungen ergibt sich, dass die Eheleute über ein handschriftliches Berliner Testament verfügen, das sie ohne Beratung niedergeschrieben haben. Bei der Eheschließung vereinbarten sie vor dem Hintergrund der "Haftung für das Unternehmen" die Gütertrennung.
Rz. 23
Die bisherigen Bemühungen um einen Unternehmensverkauf gestalteten sich überaus schwierig. In diesem Zusammenhang fällt die Position Pensionsrückstellung in der Bilanz auf, die nach einer ersten Überprüfung durch einen Versicherungsmathematiker eine signifikante Unterdeckung aufweist. Die Mandanten rekurrieren ihre Einschätzung zum Unternehmenswert anhand des Betriebsergebnisses der vergangenen Jahre.
Rz. 24
Nach ihren Zielvorstellungen möchten die Eheleute H. der Gemeinschaft etwas von dem erfahrenen Lebensglück zurückgeben und überlegen die Gründung einer gemeinnützigen Stiftung, deren Ziel die Unterstützung von Familien in sozial benachteiligtem Lebensumfeld sein soll. Gleichzeitig wollen sie aber auch ihre Kinder bedenken. Familienrechtler machen noch auf eine oft übersehene Tretmine aufmerksam. Sollte der Sohn zeitlich relativ nah zum Scheidungszeitpunkt versterben, so kann die geschiedene Ehefrau noch Unterhaltsforderungen bis zur Höhe des fiktiven Pflichtteils, den Sie als Ehefrau hätte, geltend machen...