Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 97
Entscheidet sich der Testamentsvollstrecker dafür, die ihm obliegende Aufgabe der Vermögensverwaltung ganz oder teilweise auf Fachleute zu delegieren, so ist er keineswegs jeglicher Verantwortung enthoben.
Wie bei jeder Delegation von Aufgaben durch den Testamentsvollstrecker hat er folgende Grundsätze zu beachten:
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die sorgfältige Auswahl des Fachmanns, |
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seine ausreichende Unterrichtung und dessen |
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regelmäßige Überwachung. |
1. Abgrenzung der Testamentsvollstreckung zum trans- bzw. postmortalen Vermögensverwaltungsvertrag
Rz. 98
Ein Vermögensverwaltungsvertrag, den der Erblasser noch zu Lebzeiten abgeschlossen hat und der über seinen Tod hinweg mit den Erben fortgesetzt werden soll, unterscheidet sich signifikant von einer Testamentsvollstreckung. In ersterem Fall sind die Erben die Rechtsnachfolger des Vertragspartners. Dies hat zur Folge, dass der Vermögensverwalter Vertragspartner und somit grundsätzlich an die Weisung der Erben(-gemeinschaft) gebunden ist. Will der Erblasser aber gerade die Weisungsfreiheit gegenüber den Erben erreichen, ist die Anordnung der Testamentsvollstreckung zwingend.
Gestaltungshinweis
In der Praxis muss also den Beteiligten, insbesondere aber dem Erblasser klar sein, wer hier wem Vertrauen schenken kann und will.
Rz. 99
Der Rechtscharakter des Vermögensverwaltungsvertrages lässt sich wie folgt beschreiben: Der Vermögensverwalter verpflichtet sich in einem Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter, das Vermögen seines Kunden in dessen Interesse zu verwalten. Er darf ohne Einholung von Weisungen im Einzelfall fortlaufend über das Vermögen des Kunden disponieren und selbstständige Anlageentscheidungen treffen. An die vereinbarten Anlagerichtlinien muss sich der Verwalter halten und sich um die optimale Umsetzung der dort definierten Ziele bemühen. Verlangt der Kunde Schadenersatz wegen Pflichtverletzung aus dem Vermögensverwaltungsvertrag, so trifft ihn nach den allgemeinen Grundsätzen die diesbezügliche Darlegungs- und Beweispflicht.
2. Einsatz der bankmäßig vorgehaltenen Dienstleistungen
a) Private Banking
Rz. 100
Die Angebote der Banken im Private Banking umfassen alle Facetten der Finanz- und Beratungsdienstleistungen des Banken-, Wertpapier- und Versicherungsgeschäfts. Es werden individuelle Produktlösungen entwickelt und Dienstleistungen wie z.B. die Hausverwaltung oder die Immobilienvermittlung angeboten. Es etablierte sich der Best Advice Ansatz für die Selektion von Produktlieferanten. Die Private Banking Einheiten zeichnen sich durch ein hohes Dienstleistungsniveau und fachliche Qualifikation der Mitarbeiter aus, die fester Ansprechpartner für ihre Kunden und zugleich Koordinator für Spezialfragen sind. Diese Beratungssituation symbolisiert sich in der Positionsbeschreibung des Client Relationship Managers (CRM). Rechts- und Steuerberatung gehören nicht zuletzt vor dem Hintergrund gesetzlicher Rahmenbedingungen nicht zum Dienstleistungsangebot des Private Banking. Auch immaterielle Vermögenswerte werden regelmäßig nicht betreut. Die Eintrittsschwelle liegt bei ca. 250 TEUR liquidem Vermögen oder einem Jahreseinkommen von mindestens 100 TEUR. Damit werden die Dienstleistungsangebote des Banking Banking auch für den Testamentsvollstrecker interessant, der sich im Bereich der Vermögensanlage nicht spezialisiert hat.
b) Family Office
Rz. 101
Der ungeschützte Begriff Family Office erfährt in den vergangenen Jahren in Deutschland einen Aufschwung und gehört zunehmend zum Repertoire einer Marketingstrategie vieler Finanzdienstleister. Die zunehmende Nachfrage rekrutiert sich dadurch, dass die zweite Nachkriegsgeneration über einen größeren Kapitalstock verfügt und dieser im biographischen Kontext zu verwalten und dauerhaft zu erhalten ist.
aa) Definition
Rz. 102
In der wissenschaftlichen Auseinandersetzung findet man einen Zugang über die Beschreibung von Charakteristika im Private Wealth Management. In Anlehnung an Schaubach geht es beim Privatkunden um seine sämtlichen materiellen und immateriellen Vermögenswerte, aus denen der Vermögensinhaber materiellen und immateriellen Nutzen ziehen kann. Als Overheadaufgabe kommt hinzu, dass durch geeignete einheitliche Prozesse dieser Nutzen zunächst ermöglicht, dann erhalten und zuletzt gesteigert werden kann.
Ein Blick in die historische Entwicklung gibt einen Zugang in diese hoch komplexe und vertrauenswürdige Dienstleistung. In den USA gründete das "House of Morgan" in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Family Office mit dem Ziel, die gesamte Familie und das Familienvermögen der Morgans zu betreuen. Es en...