Dr. K. Jan Schiffer, Eberhard Rott
A. Vergütungsstreit zwischen Erben und Testamentsvollstrecker
Rz. 1
Immer wieder zeigt es die Praxis: Ungeachtet vielfältiger Bemühungen in der wissenschaftlichen Literatur sind in Deutschland Fragen von zentraler Bedeutung für die Bemessung der angemessenen Testamentsvollstreckervergütung nach wie vor ungelöst. Erben und Testamentsvollstrecker streiten daher oftmals heftig über die Höhe der angemessenen Vergütung. Einen Betrag, den ein Testamentsvollstrecker eher am unteren Rand seines Honorars sehen mag, mögen Erben, die keinen wirklichen Überblick haben, durchaus als weit überzogen ansehen. Angesichts der Vehemenz, mit der dann der Streit geführt wird, können wir nur dazu raten, proaktiv schon in der letztwilligen Verfügung selbst für klare Vergütungsregelungen zu sorgen. Je nach Fallgestaltung kann schon eine einfache und pauschale Formulierung hilfreich sein. Anspruchsvoller strukturierte Nachlässe oder besonders verantwortungsvolle Tätigkeiten des Testamentsvollstreckers benötigen regelmäßig individuelle Vergütungsanordnungen.
B. Formulierungsbeispiele für Vergütungsanordnungen
I. Einfache und pauschale Formulierungen
Rz. 2
Eine typische einfache und pauschale Vergütungsverfügung eines Erblassers lautet:
Für die Abwicklung des Nachlasses bis zur Herausgabe an die Erben erhält der Testamentsvollstrecker eine Vergütung in Höhe von (…) % des Bruttonachlasswertes.
Oder:
Der Testamentsvollstrecker erhält eine Vergütung von (…) EUR pro Stunde zuzüglich Umsatzsteuer. Von § 19 UStG muss er nicht Gebrauch machen.
Diese Verfügung wird ggf. ergänzt durch folgenden Satz:
Der Testamentsvollstrecker hat angemessene schriftliche Stundennachweise zu führen.
Oder:
Der Testamentsvollstrecker erhält für seine Tätigkeit eine angemessene Vergütung. Als angemessen ist der Betrag anzusehen, der sich aus den Vergütungsempfehlungen des Deutschen Notarvereins in der zum Zeitpunkt meines Todes gültigen Fassung ergibt.
Mögliche Ergänzung:
Dabei sind die Anmerkungen der AGT zu diesen Vergütungsempfehlungen zu beachten, die sich auf der website der AGT finden.
Rz. 3
Wichtige Anmerkung zu OLG München, Beschl. v. 21.6.2021:
Das OLG hat zu einem im Jahr 2017 errichteten privatschriftlichen Zusatz zu einem notariellen Testament aus dem Jahr 2016 den Erblasserwillen dahingehend interpretiert, dass mit dem schlichten Hinweis auf die Rheinische Tabelle die "Alte" Rheinische Tabelle für das Notariat in Rheinpreußen aus dem Jahr 1925 gemeint gewesen sei.
Damit erscheint es mit Blick auf diese Entscheidung vorbeugend angeraten, die besagte Formulierung mit einem Zusatz zu versehen und von "Neuer Rheinischer Tabelle" zu sprechen.
Das ändert allerdings nichts daran, dass im Einzelfall die letztwillige Verfügung rechtsmethodisch fundiert dazu auszulegen ist, was der Erblasser mit der Formulierung "Rheinische Tabelle" im konkreten Einzelfall gemeint hat. Das sagt auch das OLG München.
Dabei kann, was das OLG allerdings überraschenderweise nicht anspricht, auch der Zeitpunkt der Verwendung des "alten" Begriffs einen Auslegungsanhaltspunkt dafür geben, dass die Neue Rheinische Tabelle gemeint ist. Will sich beispielsweise wirklich ein Erblasser im Jahre 2017 noch auf die alte Tabelle aus 1925 beziehen? Dafür müssten doch dann wohl entsprechende Anhaltspunkte vorliegen, oder? Die Entscheidung des OLG München überzeugt daher nicht, sie sollte aber vorsorglich durch Verwendung einer aktuellen Formulierung beachtet werden, um unnötige Diskussionen und Streitigkeiten zu dem Punkt zu vermeiden.
Rz. 4
Eine Entnahmeregelung ist ebenfalls zu empfehlen. Sie sollte allerdings den praktischen Bedürfnissen des Testamentsvollstreckers im konkreten Einzelfall angepasst sein. Dazu gelten folgende grundsätzliche Erwägungen:
Möchte der Erblasser erreichen, dass sein Testamentsvollstrecker sich sofort und mit hohem Zeitaufwand seiner Nachlassabwicklung widmet, sind gängige Vergütungsempfehlungen, wie "Die Vergütung darf der Testamentsvollstrecker nach Ablauf von 12 Monaten nach meinem Todestag aus dem Nachlass entnehmen. Der Vergütungsanspruch wird nicht verzinst." eher kontraproduktiv. Der im Regelfall ausgelastete Rechtsanwalt/Steuerberater/Notar muss auf die Annahme neuer Mandate in dieser Anfangsphase einer Testamentsvollstreckung verzichten und soll dann auch noch ein ganzes Jahr auf die verdiente Vergütung warten. Der Vermieter seiner Kanzleiräumlichkeiten und seine Mitarbeiter werden hierfür schwerlich Verständnis aufbringen können. Empfehlenswerter erscheint daher i.d.R. folgende Regelung: