Frank-Michael Goebel, Claudia Wagener-Neef
I. Das Abrechnungsverhältnis
Rz. 4
Damit die Gebühren für das gerichtliche Mahnverfahren beim RA entstehen können, muss er zum Betreiben des Geschäftes beauftragt sein. Grundlage des Auftrages ist der ihm erteilte Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter nach §§ 675, 611 BGB, der Anwalts- oder Mandatsvertrag. Aus diesem Vertragsverhältnis heraus ist der Mandant – ob Gläubiger (Antragsteller) oder Schuldner (Antragsgegner) – dem Rechtswalt zur Zahlung der Vergütung verpflichtet. Ist nichts anderes vereinbart, richtet sich die Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB nach der für RAe bestehenden "Taxe", nämlich dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Davon gehen die nachfolgenden Ausführungen aus.
Unerheblich für den Anfall der anwaltlichen Vergütung bleibt demgegenüber, wann das gerichtliche Mahnverfahren tatsächlich eingeleitet wird, d.h. der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides gestellt wurde.
Rz. 5
Beispiel
Der RA erhält den unbedingten Auftrag zur Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens, nachdem vorgerichtliche Bemühungen erfolglos geblieben sind. Trotzdem möchte der RA es noch mit "einer letzten Zahlungsaufforderung" vor Beantragung des gerichtlichen Mahnbescheides versuchen. Diese vermeintlich "letzte Zahlungsaufforderung" ist angesichts des erteilten Auftrages tatsächlich eine erste Zahlungsaufforderung im gerichtlichen Mahnverfahren – was der RA im Text zum Ausdruck bringen sollte – und löst damit bereits die anwaltliche Vergütung im Mahnverfahren aus.
II. Das Erstattungsverhältnis
Rz. 6
Anders als für die vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten bedarf es im Mahnverfahren grundsätzlich keines Rückgriffs auf die materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen, um die Erstattungsfähigkeit der Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens sicherzustellen. Vielmehr handelt es sich um notwendige Kosten im Sinne der §§ 91 ff. ZPO, die nach Maßgabe der prozessrechtlichen Kostenerstattungsvorschriften von der unterliegenden Partei zu tragen sind. Dem Antragsteller kann in keiner Konstellation versagt werden, auf die Beantragung eines gerichtlichen Mahnbescheides zu verzichten. Das gilt auch dann, wenn der Antragsgegner einen Widerspruch bereits angekündigt hat, weil er sich durchaus noch abweichend besinnen oder beraten lassen kann.
Rz. 7
Hinweis
Das schließt allerdings nicht aus, (auch) auf das materielle Recht zurückzugreifen. Die materiell-rechtlichen Kostenerstattungsansprüche stehen in echter Anspruchskonkurrenz zu den prozessrechtlichen Kostenerstattungsansprüchen. In jedem Einzelfall sind die Voraussetzungen einer Kostenerstattungsnorm konkret zu prüfen. Das ist insbesondere dann von Relevanz, wenn die prozessualen Kostenerstattungsvorschriften Begrenzungen enthalten, die bei den materiellen Kostenerstattungsvorschriften fehlen. Entsprechend findet sich bei den Inkassodienstleistern eine Begrenzung des prozessualen Kostenerstattungsanspruches im gerichtlichen Mahnverfahren auf 25,00 EUR nach § 4 Abs. 4 RDGEG, die den materiell-rechtlichen Verzugsschadensersatzanspruch in Höhe der tatsächlich vereinbarten Vergütung bis zur Höhe der Rechtsanwaltskosten (§ 254 Abs. 2 BGB) unberührt lässt.
Rz. 8
Während im gerichtlichen Erkenntnisverfahren lediglich eine Kostengrundentscheidung getroffen wird, auf die dann ein Kostenfestsetzungsverfahren mit der Bestimmung der zu erstattenden Kosten der Höhe nach folgt, werden die Kosten des gerichtlichen Mahnverfahrens im Mahn- wie im Vollstreckungsbescheid unmittelbar betragsmäßig ausgewiesen und zugleich mit dem Hauptanspruch tituliert. Dies gilt nach dem BGH auch, wenn die Kosten erst nachträglich angemeldet werden. In diesem Fall ist der Vollstreckungsbescheid zu ergänzen und nicht etwa ein gesonderter Kostenfestsetzungsbeschluss zu erlassen.
Rz. 9
Obsiegt der Antragsgegner im Mahnverfahren, indem auf seinen Widerspruch der Antragsteller das Mahnverfahren nicht weiter betreibt oder den Mahnantrag zurücknimmt, erwächst ihm ein Kostenerstattungsanspruch. Über die Kostentragungspflicht dem Grunde nach entscheidet dann das zentrale Mahngericht, während die Kostenfestsetzung beim zuständigen Prozessgericht zu beantragen ist.
III. Verfahrensgebühr für die Beantragung des Mahnbescheides
Rz. 10
Das gerichtliche Mahnverfahren wird durch den Antrag des Antragstellers (Gläubiger) auf Erlass eines Mahnbescheides eingeleitet. Mit den hierauf gerichteten Vorbereitungshandlungen, d.h. der Entgegennahme des Auftrages samt der maßgeblichen Informationen und der auf die Durchführung des Mahnverfahrens gerichteten Beratung entsteht dagegen beim RA des Antragstellers die 1,0-Verfahrensgebühr nach Nr. 3305 VV RVG, d.h. schon zu einem früheren Zeitpunkt. Der prozessuale und der gebührenrechtliche Beginn des gerichtlichen Mahnverfahrens unterscheiden sich also.
Rz. 11
Hinweis
Auch wenn dem RA der unbedingte Auftrag zur Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens erteilt wurde, bleibt es ihm e...