Rz. 29

Die Möglichkeit einer arglistigen Umgehung einschränkender Rechtsnormen im internationalen Rechtsverkehr hat stets in besonderer Weise die Phantasie und die Gemüter bewegt. Gerichtliche Entscheidungen hierzu sind dennoch äußerst selten. Unklar ist, ob das daran liegt, dass einschlägige Fälle so selten sind, oder ob es daran liegt, dass die Erblasser in diesen Fällen so geschickt vorgehen, dass ein gerichtliches Vorgehen aussichtslos erscheint.

 

Rz. 30

Die EuErbVO enthält keine ausdrückliche Regelung zur Rechtsumgehung. EG 26 EuErbVO bestimmt aber, dass die Verordnung kein Gericht daran hindern soll, Mechanismen gegen die Gesetzesumgehung wie beispielsweise gegen die fraude à la loi im Bereich des Internationalen Privatrechts anzuwenden.

 

Rz. 31

Das Vorliegen einer Rechtsumgehung wird regelmäßig bei Vorliegen folgender Tatbestandsvoraussetzungen bejaht:

Eine umgangene Rechtsfolge bzw. eine Rechtsordnung, die diese Rechtsfolge enthält (z.B. die Regelung des französischen Rechts, dass die Kinder ¾ des Nachlasses als Pflichtteil erhalten).
Eine ergangene Rechtsfolge bzw. eine Rechtsordnung, die diese Rechtsfolge nicht enthält (z.B. das Recht von Mexiko, das grundsätzlich keine Pflichtteile kennt).
Eine Umgehungshandlung (z.B. Wechsel der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes, Umschichtung oder Verlagerung des Vermögens).
Die Umgehungsabsicht (Erforderlichkeit umstritten).
Die Anwendung der ergangenen Norm erscheint als "unangemessene Rechtsfolge", obwohl formell die Voraussetzungen für ihre Anwendbarkeit vorliegen. Dieser letzte Punkt ist am schwierigsten zu beurteilen, da er eine Wertung verlangt.

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