Sebastian Herrler, Susanne Herrler
Rz. 90
Der Ablauf einer (Herein-)Verschmelzung einer österreichischen auf eine deutsche GmbH unterscheidet sich nur in wenigen Punkten von der umgekehrten Konstellation, da sich die jeweilige Ausgestaltung des Verfahrens in Deutschland und Österreich eng an die Verschmelzungsrichtlinie anlehnt und auch sonst weitgehende Parallelen bestehen. Daher sollen im Folgenden lediglich die wesentlichen Unterschiede aufgezeigt werden. Im Übrigen kann auf die vorstehenden Ausführungen zur Herausverschmelzung verwiesen werden.
a) Einreichung des Verschmelzungsplanes und Bekanntmachung/Veröffentlichung
Rz. 91
Die Anforderungen an den Inhalt des gemeinsamen Verschmelzungsplanes sind unverändert. Die Rechte von Gläubigern und Minderheitsgesellschaftern, die gem. § 122d Satz 2 Nr. 4 UmwG bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 3 EU-VerschG bekannt zu machen bzw. zu veröffentlichen sind, weichen in gewissem Umfang von denjenigen in der umgekehrten Konstellation ab.
aa) Gläubigerrechte
Rz. 92
(1) Anders als bei der Herausverschmelzung aus Deutschland können die Gläubiger der aufnehmenden deutschen GmbH nicht bereits vor Eintragung der Verschmelzung Sicherheitsleistung verlangen. Vielmehr findet anstelle von § 122j UmwG die allgemeine Gläubigerschutzvorschrift des § 22 i.V.m. § 122a Abs. 2 UmwG Anwendung, wonach der Anspruch auf Sicherheitsleistung binnen sechs Monaten nach Bekanntmachung der Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister geltend zu machen ist (nachgelagerter Gläubigerschutz).
(2) Die Gläubiger der übertragenden österreichischen GmbH haben gem. § 13 EU-VerschG Anspruch auf Sicherheitsleistung, den sie binnen zwei Monaten nach Bekanntmachung des Verschmelzungsplanes geltend machen können. Ein effektiver Gläubigerschutz wird dadurch gewährleistet, dass die Ausstellung der Verschmelzungsbescheinigung nach § 14 Abs. 1 Nr. 9 EU-VerschG den Nachweis der Sicherstellung der Gläubiger i.S.v. § 13 EU-VerschG sowie die Einreichung einer Erklärung voraussetzt, dass sich andere Gläubiger innerhalb der 2-Monats-Frist nicht gemeldet haben. Sofern die Summe des Nennkapitals und der gebundenen Rücklagen bei der aufnehmenden Gesellschaft geringer ist als bei der übertragenden österreichischen GmbH, sind die der Gesellschaft bekannten Gläubiger zudem nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 EU-VerschG unmittelbar zu verständigen. Ferner können die Gläubiger gem. § 8 Abs. 3 EU-VerschG eine Abschrift der in § 221a Abs. 2 österr. AktG bezeichneten Unterlagen verlangen.
bb) Rechte der Minderheitsgesellschafter
Rz. 93
(1) Den Minderheitsgesellschaftern der übertragenden österreichischen GmbH steht grundsätzlich ein Anspruch auf Überprüfung des Umtauschverhältnisses zu (§§ 225c ff. österr. AktG i.V.m. § 96 Abs. 2 österr. GmbHG, § 3 Abs. 2 EU-VerschG). Die Anfechtung des Verschmelzungsbeschlusses wegen Mängeln der Festlegung des Umtauschverhältnisses ist allerdings – wie im umgekehrten Fall – nur dann nach § 225b österr. AktG i.V.m. § 12 Abs. 1 EU-VerschG ausgeschlossen, wenn entweder die beteiligten ausländischen Rechtsordnungen im konkreten Fall ebenfalls ein solches Überprüfungsverfahren zur Verfügung stellen oder die Gesellschafter der übernehmenden Gesellschaft die Anwendung dieses Verfahrens ausdrücklich akzeptieren. Da den Minderheitsgesellschaftern der aufnehmenden deutschen GmbH – ebenso wie bei einer rein innerstaatlichen Verschmelzung – kein Spruchverfahren zur Verfügung steht (vgl. Rdn 32), kommt das außerstreitige Überprüfungsverfahren nach §§ 225c ff. österr. AktG mit dem korrespondierenden Anfechtungsausschluss nach § 225b österr. AktG nur in Betracht, wenn sich die Anteilsinhaber der deutschen GmbH im Verschmelzungsbeschluss mit der Durchführung dieses Verfahrens einverstanden erklären. Fehlt es an der erforderlichen "Unterwerfungserklärung" i.S.v. § 12 Abs. 1 Nr. 2 EU-VerschG, verbleibt den Minderheitsgesellschaftern der aufnehmenden Gesellschaft nur das allgemeine Schutzinstrumentarium der Anfechtungsklage gegen den Zustimmungsbeschluss nach § 13 i.V.m. § 122a Abs. 2 UmwG. Auch die (Minderheits-)Gesellschafter der österreichischen GmbH sind bei vermeintlich zu niedrig bemessenem Umtauschverhältnis auf die Anfechtung des Zustimmungsbeschlusses verwiesen.
Rz. 94
(2) Die Minderheitsgesellschafter der übertragenden österreichischen GmbH, die gegen den Verschmelzungsbeschluss Widerspruch zur Niederschrift erklärt haben, können nach § 11 Abs. 2 EU-VerschG einen Antrag auf Überprüfung und Festlegung einer höheren Barabfindung stellen. Soweit die Überprüfungsmöglichkeit reicht, ist eine Anfechtungsklage ausgeschlossen; sie kann nicht auf ein unangemessen niedriges Barabfindungsangebot oder Fehler bei dessen Erläuterung gestützt werden (§ 11 Abs. 1 EU-VerschG). Im deutschen Recht fehlt eine Regelung, wonach die Minderheitsgesellschafter der übernehmenden GmbH die Barabfindung in einem außerstreitigen Verfahren überprüfen lassen könnten...