Sebastian Herrler, Susanne Herrler
I. Vorgaben der Art. 118 ff. GesRL (vormals Verschmelzungsrichtlinie), nationaler Regelungsspielraum und Umsetzungsakte
1. Vorgaben der Art. 118 ff. GesRL im Überblick
Rz. 12
Die GesRL schreibt das bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zu beachtende Verfahren in weiten Teilen detailliert vor. So legt die Richtlinie fest, dass zunächst ein gemeinsamer Plan der verschmelzenden Gesellschaften mit bestimmtem Mindestinhalt ("Verschmelzungsplan") aufzustellen sowie bekannt zu machen ist (Art. 122, 123 GesRL) und die beteiligten Gesellschaften einen für ihre Gesellschafter bestimmten Bericht zu erstellen haben ("Verschmelzungsbericht", Art. 124 GesRL). Art. 125 GesRL sieht grundsätzlich (zu den Ausnahmen Abs. 4 sowie Art. 132 GesRL) einen Bericht unabhängiger Sachverständiger vor ("Verschmelzungsprüfung"). Ferner ist im Regelfall ein Beschluss der Gesellschafterversammlungen jeder der sich verschmelzenden Gesellschaften über den Verschmelzungsplan erforderlich ("Verschmelzungsbeschluss", Art. 126 GesRL). Die Rechtmäßigkeit des Verschmelzungsvorgangs wird sodann in einem zweistufigen Verfahren kontrolliert. Zunächst prüft eine mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Stelle (Gericht, Notar, sonstige Behörde) desjenigen Staates, dessen Rechtsordnung die herausverschmelzende Gesellschaft unterliegt, die ordnungsgemäße Durchführung der diese Gesellschaft betreffenden Verfahrensschritte und bestätigt dies durch Ausstellung einer sog. Vorabbescheinigung (auch Verschmelzungsbescheinigung, Art. 127 GesRL). In einem zweiten Schritt erfolgt eine Überprüfung der Durchführung der Verschmelzung im Sitzstaat der aufnehmenden bzw. neu gegründeten Gesellschaft, die sich insbesondere auf die Zustimmung zu demselben Verschmelzungsplan sowie auf die ordnungsgemäße Arbeitnehmerbeteiligung (vgl. Art. 133 GesRL) erstreckt. Um diese Prüfung zu ermöglichen, haben die übertragenden Gesellschaften die jeweilige Verschmelzungsbescheinigung innerhalb von sechs Monaten seit ihrer Ausstellung sowie den genehmigten Verschmelzungsplan vorzulegen (Art. 128 GesRL). Anschließend wird die Verschmelzung in die Register aller beteiligten Gesellschaften eingetragen (Art. 130 GesRL), wobei sich der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Verschmelzung nach dem Recht des aufnehmenden Staates richtet (Art. 129 GesRL). Für Konzernverschmelzungen gelten gewisse Verfahrensvereinfachungen (vgl. Art. 132 GesRL). In Art. 133 GesRL ist normiert, welche mitgliedstaatliche Rechtsordnung für die Regelungen der Arbeitnehmermitbestimmung maßgeblich ist.
2. Regelungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Richtlinienumsetzung sowie Ausübung dieses Spielraums im deutschen Recht
Rz. 13
Da die Verschmelzungsrichtlinie das zu beachtende Verfahren detailliert vorschreibt, ist der nationale Umsetzungsspielraum begrenzt. Dem nationalen Gesetzgeber bieten sich gleichwohl Regelungsspielräume, insbesondere beim Schutz der Gläubiger und der Minderheitsgesellschafter sowie bei der Arbeitnehmermitbestimmung. Die den Mitgliedstaaten überlassenen Punkte sollen im Folgenden näher erläutert und durch Darstellung ihrer Umsetzung im deutschen Recht veranschaulicht werden.
a) Inhalt und Form des Verschmelzungsplanes
Rz. 14
Wie sich bereits aus dem Wortlaut von Art. 122 GesRL (vormals Art. 5 VerschmelzungsRL) ergibt, ist der Katalog der notwendigen Angaben im Verschmelzungsplan nicht abschließend. Dem nationalen Gesetzgeber steht es somit offen, weitere Angaben zu fordern. Von dieser Möglichkeit hat der deutsche Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch gemacht, sondern Art. 122 GesRL in § 122c UmwG unverändert übernommen.
Rz. 15
Hinsichtlich der Form des Verschmelzungsplanes enthält die Richtlinie keine Vorgaben. Im deutschen Recht bedarf der Plan nach § 122c Abs. 4 UmwG der notariellen Beurkundung. Da der Verschmelzungsplan von den beteiligten Gesellschaften gemeinsam abgeschlossen wird und es sich somit um ein einheitliches Dokument handelt, sind die jeweils strengsten Formanforderungen maßgebend, d.h. ein in einem Mitgliedstaat etwaig bestehendes Beurkundungserfordernis setzt sich durch.
b) Bekanntmachung
Rz. 16
Die Bekanntmachung des Verschmelzungsplanes hat gem. Art. 123 Abs. 1 GesRL (vormals Art. 6 VerschmelzungsRL) spätestens einen Monat vor der ihn beschließenden Gesellschafterversammlung zu erfolgen, wobei sich die Art und Weise der Bekanntmachung nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht im Einklang mit der PublizitätsRL richtet. In Art. 123 Abs. 2 GesRL sind bestimmte Mindestangaben vorgesehen, welche im amtlichen Mitteilungsblatt bekannt zu machen sind. In § 122d UmwG werden lediglich die von der Richtlinie geforderten Mindestangaben genannt; darüber hinausgehende Angaben sind nach deutschem Recht nicht bekannt zu machen. Insbesondere ist nicht der gesamte Verschmelzungsplan, sondern lediglich der Hinweis auf s...