Sebastian Herrler, Susanne Herrler
Rz. 129
Nach Umsetzung der Verschmelzungsrichtlinie in allen europäischen Rechtsordnungen stellt die grenzüberschreitende Verschmelzung ein rechtssicheres, europaweit harmonisiertes und damit praktikables Verfahren zum "Wechsel des Rechtskleides" dar.
Rz. 130
Wie eingangs erwähnt (Rdn 3), stehen auch den von der Verschmelzungsrichtlinie bzw. Art. 118 ff. GesRL sowie §§ 122a ff. UmwG nicht erfassten Gesellschaften aus einem Mitgliedstaat der EU die grenzüberschreitende Verschmelzung (Herausverschmelzung von Personenhandelsgesellschaften) und die weiteren Umwandlungsvarianten aufgrund ihrer primärrechtlichen Niederlassungsfreiheit (Art. 49 und 54 AEUV) zur Verfügung. Jegliche nationale Beschränkung dieses Rechts, sei es durch den Wegzugsstaat oder durch den Zuzugsstaat, muss sich am Vier-Kriterien-Test (sog. Gebhard-Formel) messen lassen. Danach verstößt eine beschränkende mitgliedstaatliche Maßnahme nur dann nicht gegen primäres Unionsrecht, wenn sie (1) zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dient, (2) nicht diskriminierend sowie (3) geeignet und (4) erforderlich zur Erreichung dieses Zwecks ist. Als zwingende Gründe des Allgemeininteresses kommen u.a. der Schutz von Gläubigern, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern in Betracht. An die Geeignetheit der mitgliedstaatlichen Maßnahmen werden im Allgemeinen keine hohen Anforderungen gestellt. Eine Förderung des angestrebten Zwecks soll grundsätzlich genügen. Von entscheidender Bedeutung ist regelmäßig die Prüfung der Erforderlichkeit, an der es fehlt, wenn gleich geeignete, weniger beeinträchtigende Alternativmaßnahmen denkbar sind. Ein generelles Verbot einzelner oder aller der vorgenannten Varianten dürfte sich danach kaum rechtfertigen lassen. Die Umsetzung der Mobilitätsrichtlinie in nationales Recht wird insoweit in weitem Umfang für Abhilfe sorgen. Es bleibt zu wünschen, dass der Gesetzgeber über die sekundärrechtlich gebotenen nationalen Verfahrensvorschriften hinaus auch Regelungen für die bislang nicht sekundärrechtlich erfassten Fälle (v.a. Herausverschmelzung von Personenhandelsgesellschaften) schafft, da ein Rückgriff auf das Primärrecht mangels klarer Vorgaben der verfahrensrechtlichen Anforderungen nicht selten mit einer nicht nur unerheblichen zeitlichen Verzögerung sowie einem deutlich gesteigerten personellen und finanziellen Aufwand verbunden ist.
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