Sebastian Herrler, Susanne Herrler
Rz. 29
Allein nach den Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates ist zu beurteilen, ob es für die Behörden eines Mitgliedstaates ein Einspruchsrecht zum Schutz öffentlicher Interessen gibt (Art. 121 Abs. 1 lit. b GesRL; vormals Art. 4 Abs. 1 lit. b VerschmelzungsRL) und auf welche Art und Weise der Gläubigerschutz gewährleistet wird (Art. 121 Abs. 2, 1 lit. b GesRL). Insoweit besteht somit grundsätzlich ein weiter Spielraum der Mitgliedstaaten, dessen Reichweite allerdings umstritten ist. Teilweise wird vertreten, dass die Mitgliedstaaten diesen Spielraum für innerstaatliche und grenzüberschreitende Verschmelzungen einheitlich zu nutzen hätten. Eine Ermächtigung zum Erlass von Sonderregelungen für grenzüberschreitende Verschmelzungen bestehe im Hinblick auf gläubigerschützende Vorschriften nicht. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass bereits im Wortlaut von Art. 121 Abs. 2 GesRL zum Ausdruck kommt, dass das grenzüberschreitende Element bei der Bestimmung des Schutzmechanismus Berücksichtigung finden kann ("angesichts des grenzüberschreitenden Charakters"), so dass nicht jede Ungleichbehandlung gegen die Vorgaben der Richtlinie verstoßen dürfte.
Rz. 30
Der letztgenannten Auffassung folgend wurde im deutschen Recht in § 122j UmwG eine Sonderregelung zum Schutz der Gläubiger der übertragenden Gesellschaft geschaffen, die über den bei nationalen Verschmelzungen geltenden Schutzmechanismus des § 22 UmwG hinausgeht. Gläubigern der übertragenden deutschen Gesellschaft steht gem. § 122j UmwG ggf. ein Anspruch auf Sicherheitsleistung zu, welchen sie – im Unterschied zum Gläubigerschutz nach § 22 UmwG – bereits vor Eintragung der Verschmelzung geltend machen können (vorgelagerter Gläubigerschutz). Wie im Rahmen von § 22 UmwG setzt der Anspruch auf Sicherheitsleistung voraus, dass die Gläubiger eine konkrete Gefährdung ihrer Forderungen durch die Verschmelzung glaubhaft machen. Um sicherzustellen, dass die erforderlichen Sicherheiten geleistet wurden, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans der übertragenden Gesellschaft bei Beantragung der Verschmelzungsbescheinigung eine entsprechende strafbewehrte (§ 314a UmwG) Versicherung abzugeben. Damit scheidet bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung – anders als bei der rein nationalen Verschmelzung, bei der eine § 314a UmwG vergleichbare strafbewehrte Versicherung fehlt – eine Anmeldung allein durch den beurkundenden Notar nach § 378 Abs. 2 FamFG aus. Wie bereits ausgeführt ist allerdings umstritten, ob sich der gegenüber § 22 UmwG verbesserte, vorgelagerte Gläubigerschutz in § 122j UmwG mit den Besonderheiten der grenzüberschreitenden Verschmelzung rechtfertigen lässt. Ein Einspruchsrecht zum Schutz öffentlicher Interessen ist im deutschen Umwandlungsgesetz hingegen nicht vorgesehen.