Rz. 31
Art. 121 Abs. 2 Satz 2 GesRL (vormals Art. 4 VerschmelzungsRL) ermächtigt die Mitgliedstaaten zum Erlass von Schutzvorschriften zugunsten der Minderheitsgesellschafter, die die grenzüberschreitende Verschmelzung abgelehnt[80] haben. Mag hinter dieser Vorschrift auch die Zielvorstellung der Schaffung eines speziellen Verfahrens zur Kontrolle des Umtauschverhältnisses stehen (vgl. Art. 127 Abs. 3 GesRL; vormals Art. 10 VerschmelzungsRL),[81] ist der Regelungsspielraum der Mitgliedstaaten doch nicht hierauf beschränkt. Vielmehr können sie die Mechanismen zum Schutz der Minderheitsgesellschafter weitgehend frei festlegen.[82] Über ein Verfahren zur Kontrolle des Umtauschverhältnisses hinaus kommen u.a. Informationsrechte, bestimmte Zustimmungs- oder Mehrheitserfordernisse sowie ein Anspruch auf Barabfindung in Betracht.
Rz. 32
Aufgrund der Ermächtigung in Art. 121 Abs. 2 Satz 2 GesRL hat der deutsche Gesetzgeber mit §§ 122h, 122i UmwG für grenzüberschreitende Verschmelzungen Spezialvorschriften zum Schutz der (Minderheits-)Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft geschaffen. Diese knüpfen größtenteils an das auf nationale Verschmelzungen anwendbare Verfahren der §§ 14 f., 29 ff. UmwG an (Verbesserung des Umtauschverhältnisses, Ausscheiden gegen Barabfindung[83]). Wie im nationalen Recht kann eine Anfechtungsklage gegen den Verschmelzungsbeschluss grundsätzlich nicht auf ein zu niedrig bemessenes Umtauschverhältnis (§ 14 Abs. 2 UmwG) oder auf ein zu niedrig bemessenes oder fehlendes bzw. nicht ordnungsgemäßes Barabfindungsangebot im Verschmelzungsplan (§ 32 UmwG) gestützt werden. Dieser Ausschluss von Anfechtungsklagen bei gleichzeitigem Verweis auf das Spruchverfahren findet allerdings bei Beteiligung von Gesellschaften, deren Heimatrechtsordnungen ein derartiges Verfahren nicht vorsehen, gem. § 122h Abs. 1 bzw. § 122i Abs. 1 Satz 2 UmwG im Einklang mit Art. 127 Abs. 3 GesRL nur dann Anwendung, wenn die Anteilsinhaber dieser Gesellschaften diesem Verfahren (Anfechtungsausschluss unter Verweis auf Spruchverfahren) ausdrücklich zustimmen.[84] Wie im nationalen Recht steht den Minderheitsgesellschaftern der aufnehmenden deutschen GmbH kein Spruchverfahren zur Überprüfung des Umtauschverhältnisses oder der Höhe der Barabfindung zur Verfügung.[85] Folglich greift der hiermit korrespondierende Anfechtungsausschluss gem. § 14 Abs. 2 i.V.m. § 122h Abs. 1 bzw. § 32 i.V.m. § 122i Abs. 2 Satz 1 UmwG nicht ein. Es verbleibt daher insoweit beim allgemeinen Schutzinstrumentarium der Anfechtungsklage gegen den Zustimmungsbeschluss nach § 13 i.V.m. § 122a Abs. 2 UmwG.[86]
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