Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Rz. 26
Ein Handelsvertretervertrag kommt nach den Vorschriften der §§ 84 ff. HGB zustande. Dabei sind verschiedene zwingende Vorschriften zu beachten, die nicht dispositiv sind. Sofern ein Handelsvertretervertrag Vorschriften abbedingt, die zwingendes Recht sind, führt dies dazu, dass die betreffende Vertragsklausel unwirksam ist und das zwingende gesetzliche Recht gilt, es sei denn, die Parteien hätten den Vertrag ohne die unwirksame Klausel nicht abgeschlossen. In diesem Fall tritt Gesamtnichtigkeit des Vertrages nach § 139 BGB ein. Die besonderen Vorschriften der §§ 343 ff. HGB kommen zur Anwendung, wenn der HV Kaufmann i.S.d. HGB ist. Für den Fall, dass der HV Kaufmann i.S.d. HGB ist, aber Geschäfte mit einem nichtkaufmännischen Auftraggeber tätigt, ist umstritten, ob die vorbenannten Vorschriften anzuwenden sind. Nach der herrschenden Auffassung in der Literatur sollen die Vorschriften der §§ 343 ff. HGB keine Anwendung finden. Eine andere Auffassung spricht sich für deren Anwendbarkeit aus, mit dem Argument, es sei nicht einsehbar, warum der HV schlechter gestellt sein solle, wenn sein Auftraggeber nicht Kaufmann sei. Für die herrschende Auffassung spricht der Wortlaut der Vorschriften der §§ 343 ff. HGB. Sollte der Gesetzgeber etwas anderes gewollt haben, so hätte er dies im Wege der im Jahr 1998 durchgeführten Handelsrechtsreform regeln können.
Rz. 27
I.Ü. gilt für die Handelsvertreterverträge das Recht des BGB. Allerdings entfaltet die Anfechtung des Handelsvertretervertrages nicht die ex-tunc-Wirkung des § 142 Abs. 1 BGB. Vielmehr soll die Unwirksamkeit ex nunc ab dem Zugang der Anfechtungserklärung gelten. Unter bestimmten Umständen greifen ansonsten auch die Regelungen der §§ 134, 138 BGB. Hier kommt es auf eine Prüfung im Einzelfall an.
Rz. 28
Auch die Verjährungsfristen der §§ 195, 199 BGB sind auf die Ansprüche aus Handelsvertreterverhältnissen anwendbar.
Rz. 29
Schließlich spielt das AGB-Recht i.R.d. Handelsvertretervertrages eine große Rolle. Sofern der Unternehmer dem HV einen vorformulierten Formularvertrag vorlegt, finden die §§ 305 ff. BGB Anwendung. Zu beachten ist, dass sie nur eingeschränkt gelten, wenn der HV ebenfalls Unternehmer i.S.d. § 14 BGB ist. In diesem Fall kommt die Inhaltskontrolle der Vertragsklauseln nach § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB nur unter den engen Regeln des § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB in Betracht.
Rz. 30
Zu berücksichtigen ist auch die Vorschrift des § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB, nach welcher nur diejenigen vertraglichen Bestimmungen einer Inhaltskontrolle unterzogen werden, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Damit ist das dispositive Recht gemeint. Folglich unterliegen Klauseln, die die Art und den Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht beschreiben bzw. den dafür zu zahlenden Preis unmittelbar regeln, nicht der Inhaltskontrolle. Die Regelungen in einem Handelsvertretervertrag, die sich auf das vereinbarte Entgelt beziehen, können somit lediglich nach § 138 BGB bzw. § 242 BGB geprüft werden. Dies gilt nicht für Preisnebenabreden, also solche Vereinbarungen, die Leistungsversprechen ausgestalten bzw. modifizieren.
Rz. 31
Die Vorschriften der §§ 280, 311 Abs. 2 BGB i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB sind im Rahmen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses auch im Handelsvertreterrecht anwendbar. Auch das allgemeine Schuldrecht findet Anwendung, wie bspw. § 311 Abs. 1 BGB i.V.m. § 280 BGB (Verletzung von Nebenpflichten), §§ 312 ff. BGB für Haustürwiderrufsgeschäfte, § 313 BGB (vorm. Wegfall der Geschäftsgrundlage), §§ 320 ff. BGB (Regelungen über den gegenseitigen Vertrag) sowie das Recht der allgemeinen Leistungsstörungen. Sofern dispositive gesetzliche Vorschriften des Handelsvertreterrechts rechtswirksam abbedungen werden, kommen die ergänzenden Vorschriften des Dienstvertrags- bzw. Geschäftsbesorgungsvertrages in Betracht. Hierzu hat sich eine umfangreiche Rspr. entwickelt, deren Darstellung den Umfang dieses Werkes sprengen würde.
Rz. 32
Der Abschluss des Handelsvertretervertrages ist grds. formfrei, § 85 HGB. In der Praxis empfiehlt sich aber in jedem Fall Schriftlichkeit.
Rz. 33
Der Vertrag kann durch ausdrückliches bzw. konkludentes Handeln der Parteien zustande kommen. Gleiches gilt durch Übersenden eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens, sofern die übrigen Voraussetzungen dieses Rechtsinstituts vorliegen, § 346 HGB.
Rz. 34
Ausnahmsweise sieht der Gesetzgeber in den § 86 Abs. 1 Satz 3 HGB und § 90a Abs. 1 Satz 1 HGB die Schriftform vor. In beiden Fällen bedarf es nach Auffassung des Gesetzgebers eines besonderen Verpflichtungstatbestands, der eine gesonderte schriftliche Vereinbarung erforderlich macht. I.R.d. § 86b Abs. 1 Satz 3 HGB soll das Formerfordernis dem Übereilungsschutz dienen.
Rz. 35
Da auch die Vereinbarung des § 90a Abs. 1 Satz 1 HGB (nachvertragliches Wettbewerbsverbot) wichtige Auswirkungen für den HV hat, sieht auch hier der Gesetzgeber die Schriftform vor.
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