Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
a) Vertragsbeendigung
Rz. 282
Der Vertragshändlervertrag muss beendet sein.
b) Neugeworbene Kunden/Erweiterung bestehender Geschäftsverbindungen
Rz. 283
Vgl. hierzu Rdn 157 ff., insbes. Rdn 160; in Bezug auf das (Kfz-)Vertragshändlerrecht gilt, dass ein Mehrfachkundengeschäft vorliegt, wenn der Folgekauf durch den Ehegatten oder einen nahen Angehörigen des Erstkäufers erfolgt. Erst- und Zweitkäufer brauchen auch nicht in häuslicher Gemeinschaft zu leben.
Bei Verkäufen an Leasinggesellschaften ist der Leasingnehmer als Kunde anzusehen, sofern nicht ein Eigengeschäft der Leasinggesellschaft vorliegt.
c) Erhebliche Unternehmervorteile
Rz. 284
Vgl. Die Ausführungen unter Rdn 163 ff.
d) Billigkeit
Rz. 285
Zur Vermeidung von Wiederholungen sei bzgl. des Billigkeitsabschlags auf Rdn 170 ff. verwiesen. Hat der VH die Kundenkartei nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einem Dritten überlassen, nachdem er zuvor in Erfüllung einer entsprechenden Vertragspflicht dem Hersteller die Daten der von ihm neu geworbenen Kunden bekannt gegeben hat, so ist der Ausgleichsanspruch nicht dem Grunde nach ausgeschlossen, weil dies – so der BGH – der Billigkeit entspreche. Denn der Ausgleichsanspruch soll nach ständiger Rspr die Nachteile ausgleichen, die der VH dadurch erleidet, dass er infolge der Vertragsbeendigung die von ihm geschaffenen Kundenkontakte nicht mehr nutzen kann. Die Vorteile des Unternehmers, die in der Schaffung des Kundenstammes liegen, werden ihm nicht mehr vergütet. Die Übertragung der Kundenkartei an einen Dritten ist i.R.d. Billigkeitsprüfung zu berücksichtigen.
Rz. 286
Bei der Billigkeitsprüfung kann ausgleichsmindernd berücksichtigt werden, dass der vormalige VH einen Vertragswerkstattbetrieb fortführt und damit die Möglichkeit behält, seinen Kundenstamm weiter zu benutzen. Der BGH hat einen solchen Abschlag i.H.v. 5 % nicht beanstandet.
Rz. 287
Neu ist, dass es auf die händlertypischen Vergütungsbestandteile nicht mehr ankommt und auch nicht mehr Kosten der verwaltenden Tätigkeit abgezogen werden dürfen (vgl. dazu oben Rdn 187). Liegen die Voraussetzungen des § 89b Abs. 1 Nr. 1 HGB vor, wird vermutet, dass der Ausgleich der Billigkeit entspricht.
e) Prognose
Rz. 288
Vgl. Die Ausführungen unter Rdn 180 ff.
Der Ausgleich ist für den Zeitpunkt der Beendigung des Vertrages zu berechnen. Deshalb ist eine Prognose über die voraussichtliche Entwicklung der Geschäftsbeziehungen zwischen Hersteller und den vom VH geworbenen Kunden nach Vertragsbeendigung anzustellen, um zu ermitteln, ob die Beendigung zu erheblichen Vorteilen für den Hersteller führt. Hierfür ist der Zeitraum der voraussichtlichen Geschäftsbeziehungen maßgeblich. Er hängt von der Lebensdauer des betreffenden Produktes des Herstellers ab. Letzterer wird bei Automobilen mit 5 Jahren angenommen. Das beruht darauf, dass das durchschnittliche Nachkaufintervall erfahrungsgemäß bei 5 Jahren liegt. Der BGH hat in seinem Urt. v. 22.3.2006 diesen Grundsatz noch einmal bestätigt, jedoch ausgeführt, dass wenn "das durchschnittliche Nachkaufintervall im Neuwagengeschäft auf sechs bis acht Jahre angestiegen sein" sollte, weder das Gesetz noch die bisherige Rspr. dagegenspricht. Es liegt also an dem HV, entsprechenden Nachweis zu führen. Bei Gabelstaplern hat der BGH einen Zeitraum von 13 Jahren unterstellt.
Rz. 289
Häufig lässt sich anhand eines längeren Zeitraumes vor Ende des Vertrages feststellen, dass der Umsatz des VH mit Mehrfachkunden einen annähernd konstanten Anteil am Gesamtumsatz ausmacht; in einem solchen Fall kann der relevante Umsatz mit Mehrfachkunden dergestalt ermittelt werden, dass dieser Umsatz des letzten Vertragsjahres mit dem Prognosezeitraum multipliziert wird.
f) Ausschlusstatbestände
Rz. 290
Überlässt der VH nach Beendigung des Vertragsverhältnisses seine Kundenkartei einem Dritten, ist der Ausgleichsanspruch nicht von vornherein ausgeschlossen. Bedingung ist, dass er zuvor in Erfüllung einer entsprechenden Vertragspflicht dem Hersteller die Daten der von ihm neu geworbenen Kunden bekannt gegeben hat.
Rz. 291
Im Vertragshändlervertrag kann die Überlassung des Kundenstammes – nicht aber der Ausgleichsanspruch selbst (§ 89b Abs. 4 HGB) – ausdrücklich ausgeschlossen werden. Jedoch ist auch in einem solchen Fall die tatsächliche Durchführung des Vertrages zu prüfen. Ein Ausgleichsanspruch scheidet aus, wenn der Unternehmer vertraglich verpflichtet ist, die ihm überlassenen Kundenadressen bei Beendigung des Vertrages zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen des VH zu löschen.
Rz. 292
Der Ausgleichsanspruch ist nicht ausgeschlossen, wenn der VH einen Folgevertrag ab...