Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Rz. 269
Die außerordentliche Kündigung ist bei allen Dauerschuldverhältnissen anerkannt, so auch beim Vertragshändlervertrag.
a) Wichtiger Grund
Rz. 270
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn aufgrund objektiver Tatsachen die Fortsetzung des Vertrages mit der anderen Vertragspartei nicht mehr zuzumuten ist. Dazu sind alle Umstände des Einzelfalls heranzuziehen und gegeneinander abzuwägen. Dieselbe Ursache kann in einem Fall einen wichtigen Grund darstellen, in einem anderen aufgrund unterschiedlicher Begleitumstände aber nicht. Zur insolvenzbedingten Kündigung vgl. oben Rdn 136.
Hinweis
Im Vertrag sollten Umstände aufgeführt werden, bei deren Vorliegen beide Parteien davon ausgehen, dass ein wichtiger Grund vorliegt. Die Aufzählung muss als nicht abschließend oder beispielhaft bezeichnet werden, weil das Recht zur fristlosen Kündigung nicht beschränkbar ist (vgl. § 89a HGB).
b) Abmahnung
Rz. 271
Grds. muss eine schriftliche Abmahnung erfolgen. Dies ist der Fall, wenn durch sie auf den Vertragspartner eingewirkt werden kann, dass zukünftig mit einem vertragsgerechten Verhalten und einer Wiederherstellung der Vertrauensgrundlage gerechnet werden kann. Sie muss ausdrücklich als solche bezeichnet sein und deutlich machen, dass im Fall eines weiteren Verstoßes die fristlose Kündigung droht. Sie muss den Vorwurf genau beschreiben. Ansonsten ist sie unwirksam.
Rz. 272
Die Abmahnung ist entbehrlich, wenn der Verstoß so schwerwiegend ist, dass eine Wiederherstellung des Vertrauensverhältnisses auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten ist.
Hinweis
Im Zweifel sollte eine Abmahnung dem Ausspruch der fristlosen Kündigung vorausgehen.
c) Verfristung, Ausschlussfrist
Rz. 273
Zwischen Verstoß und Ausspruch der fristlosen Kündigung dürfen zwar mehr als 2 Wochen – § 626 Abs. 2 BGB findet keine Anwendung – liegen, sofern auf den VH die Vorschrift des § 89a HGB Anwendung findet; 2 Monate sind aber in der Regel zu spät. Anderenfalls ist das Kündigungsrecht verwirkt, kann aber u.U. in eine fristgerechte Kündigung umgedeutet werden.
Rz. 274
Ist der Händler nicht wie ein HV eingegliedert, gilt § 626 Abs. 2 BGB: Danach besteht eine Ausschlussfrist von 2 Wochen nach Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungsgrund.
Rz. 275
Wenn beide Parteien einer vorhergehenden gerichtlichen Klarstellung des Bestehens eines fristlosen Kündigungsrechts zustimmen, dürfte der Unternehmer vor Ausspruch der Kündigung eine entsprechende Feststellungsklage erheben können.