Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Rz. 101
Ein HV, dessen sämtliche Forderungen mit Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gepfändet wurden, ist für die Erteilung eines Buchauszugs gleichwohl aktiv legitimiert, soweit er Leistung an den Pfändungsgläubiger verlangt.
Rz. 102
In der Erteilung eines Buchauszugs ist keine Vorwegnahme der Entscheidung darüber enthalten, ob das in ihm aufgenommene Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht, so dass nur zweifelsfrei nicht provisionspflichtige Geschäfte bei der Erteilung des Buchauszugs unberücksichtigt bleiben können.
Rz. 103
Nach § 87c Abs. 2 HGB kann der HV bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Wie der Wortlaut klarstellt, schuldet der Unternehmer den Buchauszug erst nach formlosem Verlangen des HV. Der Buchauszug hat über alle unbedingten und bedingten Provisionsansprüche des HV Auskunft zu geben, reicht also weiter als die Abrechnung. Die Kosten für die Erstellung des Buchauszuges trägt der Unternehmer.
Rz. 104
Ein Buchauszug muss alles enthalten, was sich aus allen dem Unternehmer verfügbaren schriftlichen Unterlagen im Zeitpunkt der Ausstellung des Buchauszuges über die fraglichen Geschäfte ergibt und nach der getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sein kann.
Rz. 105
Eine inhaltliche Konkretisierung derjenigen Informationen, die mit dem Antrag auf Buchauszug verlangt werden, ist dazu nicht erforderlich. Sie kann jedoch aus anderen Gründen geboten sein.
Rz. 106
Der Anspruch des Tankstellenhalters ggü. dem Mineralölunternehmen auf Erteilung des Buchauszugs ist erfüllt, wenn die von ihm selbst erstellten Kassenjournale chronologisch geordnet für jedes provisionspflichtige Geschäft in einem Abschnitt zusammengefasst alle Angaben enthalten, die nach der mit dem Mineralölunternehmen getroffenen Provisionsvereinbarung für die Berechnung der Provision von Bedeutung sind. Hingegen genügt der Unternehmer seiner Verpflichtung zur Erteilung eines Buchauszuges nicht bereits dadurch, dass er dem HV während der Vertragslaufzeit den Zugriff auf ein elektronisches Agenturinformationssystem ermöglicht, das jeweils nur den aktuellen Stand der provisionsrelevanten Daten wiedergibt und aus dem sich ein Gesamtüberblick über den Zeitraum, auf den sich der Buchauszug zu erstrecken hat, allenfalls dadurch gewinnen ließe, dass der HV die nur vorübergehend zugänglichen Daten "fixiert" und sammelt. Auch erfüllt der Unternehmer den Anspruch des HV nicht dadurch, dass er ihm statt des Buchauszugs eine Bucheinsicht anbietet. Im Übrigen ist in einem Buchauszug über die Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den HV zu berichten, damit dieser die bei ihm eingegangenen und nach Angaben des Unternehmers versandten Mitteilungen abgleichen kann.
Begehrt der HV im Rahmen des Anspruchs auf Buchauszug im Einzelnen bezeichnete Informationen, trägt er die Darlegungslast für deren Provisionsrelevanz.
Rz. 107
Der Buchauszug muss regelmäßig folgende Inhalte aufweisen:
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Name und Anschrift der Besteller |
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Kundennummer |
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Datum des Geschäftsabschlusses |
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Art, Menge und Preis der verkauften Waren |
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Lieferumfang |
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Rechnung mit Nummer, Datum, Rechnungsbetrag, Skonti, Nachlässen etc. |
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Zahlungseingänge |
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Rückgaben und Nichtausführung von Geschäften durch den Unternehmer sowie deren Gründe |
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Auftragsstornierungen durch Kunden |
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Gutschriften |
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Fehlbeträge und ihre Gründe |
Rz. 108
Der Buchauszug ist in Form einer geordneten Zusammenstellung der geschuldeten Angaben zu erstellen. Sollte er unvollständig erteilt werden, so hat der HV Anspruch auf Ergänzung bzw. im Fall einer Unbrauchbarkeit des Auszugs Anspruch auf Erteilung eines neuen fehlerfreien Auszuges. Im Prozess kann der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges entweder selbstständig oder im Rahmen einer Stufenklage geltend gemacht werden. Die Vollstreckung des Anspruchs ist unabhängig vom daneben bestehenden Recht auf Bucheinsicht. Ausnahmsweise entfällt der Anspruch auf Buchauszug wegen Rechtsmissbräuchlichkeit, wenn dieser nur als Droh- oder Druckmittel vom HV eingesetzt wird, so z.B. i.R.d. Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs.
Rz. 109
Wendet der Unternehmer ein, entsprechende Informationen für den Buchauszug seien nicht bei ihm, sondern bei einem Dritten, etwa einer Konzerngesellschaft, vorhanden, kann er damit nicht gehört werden. Er muss sich diese von seiner Partnergesellschaft beschaffen. Dies hat der BGH in seinem Urt. v. 18.12.2008 bestätigt; notfalls müsse der Unternehmer die Konzerngesellschaft verklagen, um die Informationen zu erhalten.
Rz. 110
Die Bemessung des Wertes des Beschwerdegegenstandes i.S.v. § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO richtet sich bei Verurteilung der beklagten Partei zur Auskunft (hier durch Vorlage eines Buchauszugs gem. § 87c Abs. 2 HGB) nach dem relevanten Abwehrinteresse und damit vorrangig danach, welcher voraussichtliche Zeit- und Ko...