Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
a) Gesteigerte Treue- und Rücksichtnahmepflicht
Rz. 252
Den Hersteller trifft eine gesteigerte Treue- und Rücksichtnahmepflicht ggü. seinem VH. Sie stellt das Gegenstück zur Interessenwahrungs- und Absatzförderungspflicht des VH dar. Der Hersteller muss alles unterlassen, was die Marktposition und die Gewinnaussichten des VH beeinträchtigen könnte.
b) Belieferungspflicht
Rz. 253
Eine allgemeine Belieferungspflicht des Herstellers ermöglicht dem VH erst den Betrieb seines Geschäfts und ist daher existentiell wichtig für ihn. Sie ist selten in den Händlerverträgen ausdrücklich vereinbart, folgt dann aber indirekt aus dem dem VH zugesagten Alleinvertriebsrecht oder ggü. dem nicht allein vertriebsberechtigten VH aus der gesteigerten Treuepflicht. Die Verträge enthalten häufig Bestimmungen, in denen sich der Hersteller das Recht vorbehält, Bestellungen der Händler nicht oder nicht vollständig auszuführen. Die Vorschriften unterliegen als Allgemeine Geschäftsbedingungen der Inhaltskontrolle i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Bestellungen dürfen nicht willkürlich abgelehnt werden.
c) Entgeltpflicht
Rz. 254
Der Hersteller hat dem VH ein Entgelt in Form der Handelsspanne zu gewähren. Sie ist zentrales Element des Verdienstes des VH. Damit werden nicht die i.d.R. sehr hohen Investitionen des VH abgegolten, sondern seine Tätigkeit als verlängerter Arm des Herstellers.
Rz. 255
Die Handelsspanne kann verschieden ausgestaltet sein: I.d.R. ist sie die Differenz zwischen unverbindlicher Preisempfehlung und Einkaufspreis der Vertragsware. Teilweise wird ein Grundrabatt mit einem nach Umsatzhöhe gestaffelten Mengenrabatt oder mit einem Treuerabatt für den Exklusivvertrieb gewährt.
d) Gleichbehandlungsgebot
Rz. 256
Der Hersteller ist verpflichtet, seine in gleicher Lage befindlichen und miteinander im Wettbewerb stehenden Händler gleich zu behandeln. Dieses Prinzip folgt zum einen aus § 20 Abs. 1 GWB, zum anderen aus der gesteigerten Treue- und Rücksichtnahmepflicht. So darf der Hersteller grds. z.B. weder Verkaufsbedingungen oder -preise für die konkurrierenden Händler unterschiedlich festsetzen noch unterschiedliche Lieferfristen gewähren.
e) Absatzbindungspflicht
Rz. 257
Die Absatzbindungspflicht bedeutet, dass der Hersteller seine Vertragsware im Vertragsgebiet nicht an jedermann, sondern nur an einen oder an eine bestimmte Anzahl VH oder einen bestimmten Personenkreis (Vorbehaltskunden) liefern darf. Ihr Zweck besteht darin, dem VH eine gewisse Vorzugsstellung einzuräumen. Sind mehrere VH im Vertragsgebiet vorhanden, besteht diese Stellung aber praktisch nicht. Dies ist die Regel. Denn "Vertragsgebiet" ist grds. die gesamte EU.
f) Unterstützungs- und Informationspflichten
Rz. 258
Die Unterstützungs- und Informationspflichten dienen dem VH in erster Linie dazu, seine Absatzförderungspflichten ordnungsgemäß erfüllen zu können. Zu ihnen gehören alle Maßnahmen des Herstellers, die für den VH beim Warenabsatz und der Durchführung der Garantiearbeiten hilfreich sein können. Je stärker der VH in die Vertriebsorganisation des Herstellers eingebunden und je mehr er von ihm abhängig ist, desto früher und umfassender dürfte er über für ihn relevante Vork...