Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Rz. 303
Bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs wird neben dem Rohertrag insbesondere auch der Umsatz mit Stammkunden ermittelt. In der Vergangenheit wurde regelmäßig der Umsatz der letzten 12 Monate vor Vertragsende bzw. für den Fall eines atypischen Vertragsjahres auch ein anderer Zeitraum zur Ermittlung des Referenzzeitraumes zugrunde gelegt, um die Stammkunden zu ermitteln. Bezüglich der Frage, ob Geschäftsverbindungen mit Neukunden überhaupt erforderlich sind s.o. Rdn 160. Dies dürfte beim Vertragshändler analog gelten. Basis für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs waren nach bisheriger Rspr. der Händlerrabatt und sonstige gezahlte Vergütungen, wie Boni und Prämien. Dabei sollte nicht von dem gesamten Rabatt ausgegangen werden: Nur der Teil sollte zugrunde gelegt werden dürfen, der für Leistungen gewährt wurde, wie sie vom HV üblicherweise erbracht werden. Diese Auffassung dürfte aber nicht mehr haltbar sein (s. Rdn 304 f.).
Rz. 304
Auch bei der Beendigung eines Vertragshändlervertrages ist aufgrund der analogen Anwendung des § 89b HGB zu beachten, dass seit der Änderung der Vorschrift nicht mehr primär auf die Provisionsverluste, sondern die Unternehmervorteile abzustellen ist. Insofern dürfte auch dem Vertragshändler ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB gegen den Prinzipal zustehen, um nach erfolgter Auskunft die Unternehmervorteile seiner Berechnung zugrunde zu legen und letztlich seinen Anspruch beziffern zu können (vgl. dazu oben ausführlich Rdn 167 f.).
Rz. 305
Bei der Berechnung des Anspruchs sind die vom VH generierten Geschäfte mit Neuware. Im Kfz-Bereich sind dies Neuwagengeschäfte. Diese liegen auch dann vor, wenn das Fahrzeug zwar nicht fabrikneu i.S.d. Rspr. des BGH, aber nicht gebraucht ist. Ebenfalls zu berücksichtigen sind Tageszulassungen. Gebraucht-, Vorführ- und Geschäftswagen für den eigenen Gebrauch sind nicht berücksichtigungsfähig.
Rz. 306
Einzubeziehen in den Ausgleichsanspruch dem Grunde nach sind nicht nur solche Kfz, die der VH vom Hersteller direkt bezogen hat, sondern auch solche aus dem Querbezug. Das sind Fahrzeuge, die der VH von Kollegen seines Fabrikats eingekauft hat. Dabei ist bisher – soweit ersichtlich – noch nicht vom BGH entschieden, ob dies nur innerhalb Deutschlands oder auch innerhalb der EU gilt. Nach unserer Auffassung kann insoweit das Land des Fabrikatskollegen keine Rolle spielt, sofern es nur in der EU liegt.
Rz. 307
Für die Berücksichtigung von Zusatzleistungen des Herstellers, die über dem Rabatt auf den Listenpreis hinausgehen, kommt es nicht darauf an, ob dem VH ein vertraglicher Anspruch auf die gewährten Zusatzleistungen zustand. Es genügt, dass der VH berechtigterweise erwarten konnte, auch in Zukunft vergleichbare Leistungen zu erhalten. Sofern der Hersteller einen Teil des Absatzrisikos übernimmt, indem er dem VH verkaufsfördernde Zusatzleistungen gewährt, damit dessen Rohertrag nicht i.H.d. vollen Preisnachlasses geschmälert wird, sind diese Zusatzleistungen im Gegenzug dem Rohertrag hinzuzurechnen.
Rz. 308
Die Frage, ob Umsätze aus dem Ersatzteilgeschäft einbezogen werden können, hat durch die vorerwähnte Änderung des § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB eine neue Aktualität erhalten. Danach kommt es bei der Bewertung der Vorteile, die der VH mithilfe von Neukunden und Kundenstamm dem Hersteller verschafft hat, auch auf das Ersatzteil- und damit Werkstattgeschäft an. Dies wird in Zukunft in den Ausgleichsanspruch einzubeziehen sein.