Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
I. Begriffe/Abgrenzung
1. Kommissionär
Rz. 317
Zur Begriffsbestimmung wird auf die Ausführungen oben unter Rdn 23 verwiesen.
2. Kommissionsagent
Rz. 318
Der Kommissionsagent hat in den letzten Monaten verstärkt an Bedeutung gewonnen; im Kfz-Bereich bestehen Tendenzen, Vertragshändlersysteme zukünftig in Kommissionsagentursysteme umzuwandeln. Teilweise werden letztere als attraktive Alternative zum klassischen Vertragshandel bzw. zur klassischen Agentur angesehen.
Zur Begriffsbestimmung wird auf die Ausführungen oben unter Rdn 24 f. verwiesen. Danach ist ein Vertrag als Kommissionsagenturvertrag zu qualifizieren, wenn ein Unternehmer einen anderen gegen Zahlung einer Provision damit beauftragt, ständig von ihm gelieferte, jedoch dem Beauftragten nicht übereignete Ware im eigenen Namen auf Rechnung des Unternehmers zu veräußern, und eine Abtretung der Forderungen aus der Veräußerung der Waren an den Unternehmer vereinbart ist. Dem Kommissionsagenten kann in entsprechender Anwendung des § 87c Abs. 2 HGB im Grundsatz ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges zustehen; Gleiches gilt für den Handelsvertreterausgleich entsprechend § 89b HGB.
II. Kommissionsvertrag/Ausführungsgeschäft
1. Zwei Rechtsgeschäfte
Rz. 319
Der Kommissionär ist Partner zweier Rechtsgeschäfte:
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des Kommissionsvertrages und |
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des Abwicklungsgeschäfts. |
Ersterer regelt das Rechtsverhältnis zwischen dem Kommissionär und seinem Auftraggeber, dem Kommittenten. Das Ausführungsgeschäft umfasst das Vertragsverhältnis zwischen dem Kommissionär und dem Dritten, das in Ausführung der Kommission abgeschlossen und abgewickelt wird.
2. Kommissionsvertrag
Rz. 320
Der Kommissionsvertrag ist eine entgeltliche Geschäftsbesorgung i.S.v. § 675 Abs. 1 BGB. Neben den §§ 382 ff. HGB finden ergänzend die Vorschriften der §§ 663, 665–670 und 672–674 BGB Anwendung.
3. Ausführungsgeschäft
a) Gegenstand
Rz. 321
Gegenstand des Kommissionsvertrages ist gem. § 383 Abs. 1 HGB der Kauf oder Verkauf von Waren oder Wertpapieren. Er kann aber auch andere Gegenstände zum Inhalt haben (§ 406 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 HGB). Dem Kaufvertrag stehen Tauschvertrag (§ 480 BGB) und Werklieferungsvertrag (§ 406 Abs. 2 HGB) gleich.
b) Abtretung
Rz. 322
Das Ausführungsgeschäft schließt der Kommissionär im eigenen Namen ab, jedoch nach § 383 Abs. 1 HGB für Rechnung des Kommittenten. Um Forderungen aus dem Geschäft geltend machen zu können, bedarf es gem. § 392 Abs. 1 HGB der Abtretung an ihn. Nicht erfasst hiervon sind Nebengeschäfte, z.B. aus Fracht- oder Lagerverträgen, die der Kommissionär zur Erfüllung des Kommissionsvertrages geschlossen hat.
Rz. 323
Auch ohne Abtretung gelten im Innenverhältnis zwischen Kommittenten und Kommissionär die Forderungen aus dem Ausführungsgeschäft als solche des Kommittenten (§ 392 Abs. 2 HGB). Der Kommissionär ist gem. § 384 Abs. 2 HGB zur Abtretung verpflichtet (vgl. oben Rdn 23). Tritt er eine derartige Forderung an einen seiner Gläubiger ab, geht sie ins Leere, da das Gesetz einen gutgläubigen Forderungserwerb nicht kennt. Ist der Dritte hingegen nicht sein Gläubiger, ist eine Abtretung wirksam: Im Außenverhältnis ist der Kommissionär verfügungsberechtigt.
c) Günstigerer Geschäftsabschluss
Rz. 324
Erzielt der Kommissionär günstigere Bedingungen im Ausführungsgeschäft (z.B. Preise, Zahlungsbedingungen) als mit dem Kommittenten vereinbart, so kommt dies Letzterem zugute (§ 387 HGB). Diese Regelung kann abbedungen werden.
Hinweis
Im Kommissionsvertrag sollte der Klarheit wegen hierüber eine Regelung erfolgen.
III. Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
1. Pflichten des Kommissionärs – Rechte des Kommittenten
Rz. 325
Die Pflichten des Kommissionärs sind spiegelbildlich die Rechte des Kommittenten. Im Einzelnen:
Der Kommissionär hat
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das übernommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen, § 384 Abs. 1 Halbs. 1 HGB. Er muss sich um ein Ausführungsgeschäft mit einem Dritten bemühen und dieses i.d.R. auch abwickeln. Die Ausführungspflicht ist nicht übertragbar (§ 664 BGB). Zeit und Ort sollten vertraglich geregelt sein; HinweisAuf die detaillierte Ausgestaltung der vertraglichen Regeln sollte besonderer Wert gelegt werden. |
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die Interessen des Kommittenten wahrzunehmen (§ 384 Abs. 1 Halbs. 2, 1. Alt. HGB), und zwar bestmöglich: Er ist Vertrauensperson des Kommittenten; |
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die Weisungen des Kommittenten zu befolgen (§ 384 Abs. 1 Halbs. 2, 2. Alt. HGB). Nur unter den engen Voraussetzungen der § 385 Abs. 2 HGB, § 665 Satz 1 BGB darf er davon abweichen; |
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den Kommittenten unaufgefordert laufend zu benachrichtigen (§ 384 Abs. 2 Halbs. 1 HGB), z.B. über den Zustand der Kommissionsware, Ansprüche Dritter, Zahlungsunfähigkeit des Vertragspartners des Ausführungsgeschäfts, den Abschluss des Ausführungsgeschäfts; |
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dem Kommittenten Rechenschaft über das Geschäft abzulegen (§ 384 Abs. 2 Halbs. 2, 1. Alt. HGB, § 259 Abs. 1 BGB). Handelt es sich bei den Vertragspartnern um Kaufleute, gelten nach Zugang der Rechnungslegung die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungssc... |