Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Rz. 264
Ausdrückliche gesetzliche Regelungen zur Kündigungsfrist fehlen. Bei einer Eingliederung des VH in das Vertriebssystem des Herstellers, die derjenigen eines HV vergleichbar ist, findet – mit Ausnahme der Kfz-Branche, dazu nachfolgend Rdn 265 – § 89 Abs. 1 HGB analoge Anwendung. Die Kündigung hat jeweils zum Ende eines Monats zu erfolgen. Die Länge der Frist richtet sich nach der Laufzeit des Vertrages: Im ersten Jahr beträgt sie einen Monat, ab dem fünften Jahr 6 Monate. Ist der Händler nicht dergestalt eingegliedert, soll eine Kündigungsfrist von einem Jahr bzw. 2 Jahren mindestens eingehalten werden müssen. Das unterschiedliche Ergebnis ist wirtschaftlich nicht verständlich. Eine Verlängerung im Fall des § 89 HGB analog soll v.a. in Betracht kommen, wenn der VH erhebliche Investitionen getätigt hat. Eine Entscheidung des BGH liegt, soweit ersichtlich, bisher nur für das Tankstellengewerbe vor.
Rz. 265
I.d.R. ist die Kündigungsfrist im Vertrag vereinbart. Für die Kfz-Branche hat sich ein Handelsbrauch herausgebildet: Die ordentliche Kündigungsfrist beträgt in der Kfz-Branche in Anlehnung an die seinerzeitige Regelung in der Kfz-GVO 1400/2002 2 Jahre. Sie kann auf mindestens ein Jahr verkürzt werden, wenn der Hersteller aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder besonderer Absprache bei Beendigung des Vertrages eine angemessene Entschädigung zu zahlen hat oder wenn sich für ihn die Notwendigkeit ergibt, das Vertriebsnetz insgesamt oder zu einem wesentlichen Teil umzustrukturieren.
Rz. 266
Der Handelsbrauch gilt EU-weit aufgrund des Code of Good Practice, den der europäische Herstellerverband ACEA in Brüssel 2010 nach Auslaufen der Kfz-GVO 1400/2002 verabschiedet hat. Die seinerzeitigen ACEA-Mitglieder waren BMW, DAF Trucks, Daimler, FIAT, Ford of Europe, General Motors Europe, Jaguar Land Rover, MAN, Porsche, PSA Peugeot Citroen, Renault, Scania, Toyota Motor Europe, Volkswagen und Volvo“.
Rz. 267
Alle vorgenannten, teils ehemaligen, aber auch neuenACEA-Mitglieder haben die vorgenannten Bestimmungen in ihre Händler- und Werkstattverträge EU-weit aufgenommen. Der Code stellt nach seinem Wortlaut nicht etwa nur eine unverbindliche Absichtserklärung dar. Er ist vielmehr – wie es auch am Ende heißt – eine rechtliche Verpflichtung. Auf sie kann sich jeder autorisierte Händler und Werkstatt der jeweiligen ACEA-Mitglieder berufen.
Hinweis
Auch in anderen Fällen als denjenigen des Kfz-Vertriebs sollten Kündigungsfristen ausdrücklich vereinbart werden.