Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Rz. 290
Überlässt der VH nach Beendigung des Vertragsverhältnisses seine Kundenkartei einem Dritten, ist der Ausgleichsanspruch nicht von vornherein ausgeschlossen. Bedingung ist, dass er zuvor in Erfüllung einer entsprechenden Vertragspflicht dem Hersteller die Daten der von ihm neu geworbenen Kunden bekannt gegeben hat.
Rz. 291
Im Vertragshändlervertrag kann die Überlassung des Kundenstammes – nicht aber der Ausgleichsanspruch selbst (§ 89b Abs. 4 HGB) – ausdrücklich ausgeschlossen werden. Jedoch ist auch in einem solchen Fall die tatsächliche Durchführung des Vertrages zu prüfen. Ein Ausgleichsanspruch scheidet aus, wenn der Unternehmer vertraglich verpflichtet ist, die ihm überlassenen Kundenadressen bei Beendigung des Vertrages zu sperren, ihre Nutzung einzustellen und auf Verlangen des VH zu löschen.
Rz. 292
Der Ausgleichsanspruch ist nicht ausgeschlossen, wenn der VH einen Folgevertrag ablehnt. Ein solcher Fall ist mit der Eigenkündigung des VH nicht gleich zu achten.
Rz. 293
Ein Insolvenzantrag des VH berechtigt den Hersteller zwar zur fristlosen Kündigung. Der Antrag steht dem Ausgleichsanspruch aber nicht entgegen, wenn der VH die Insolvenz nicht schuldhaft herbeigeführt hat. Ein Verschulden hat der Hersteller zu beweisen. Kündigt der Hersteller den Vertragshändlervertrag, weil der VH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen beantragt hat, ist die nach der Eröffnung erklärte Aufrechnung mit Insolvenzforderungen gegen den Ausgleichsanspruch bei Vorliegen der Anfechtungsvoraussetzungen insolvenzrechtlich unwirksam. Der Ausgleichsanspruch ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der VH nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Hersteller seinen Geschäftsbetrieb eingestellt hat. Das gilt auch, wenn die Betriebseinstellung auf die Insolvenz des VH zurückzuführen ist.
Rz. 294
I.Ü. gelten die Regelungen des § 89b Abs. 3 HGB wie beim HV (s.o. Rdn 196 ff.).
Rz. 295
Auch § 89b Abs. 4 HGB ist analog anwendbar.
Rz. 296
Der Ausgleichsanspruch kann nicht vertraglich im Voraus ausgeschlossen werden, wenn der VH seine Tätigkeit nach dem Händlervertrag in einem anderen Staat innerhalb des EWR auszuführen hat. Voraussetzung ist, dass deutsches Recht vereinbart ist.