Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Rz. 188
§ 89b Abs. 4 Satz 1 HGB bestimmt, dass der Ausgleichsanspruch nicht im Voraus ausgeschlossen werden kann. Daher sind alle, in der Praxis übrigens häufig auftretenden Vereinbarungen unwirksam, durch die der Ausgleich entweder ausgeschlossen oder aber zum Nachteil des HV beschränkt wird. So hat der BGH eine Vertragsbestimmung in einem Handelsvertretervertrag als gegen § 89b Abs. 4 verstoßend und damit als nichtig nach § 134 BGB beurteilt, wonach ein Teil der dem HV laufend zu zahlenden Vergütung auf den künftigen Ausgleichsanspruch angerechnet werden soll. Der HV hat i.Ü. auch Anspruch auf den Ausgleich, wenn er nur kurzzeitig als HV tätig gewesen ist (hier: 11 Wochen).
Rz. 189
Nach § 89b Abs. 4 Satz 2 HGB muss der Ausgleichsanspruch – dem Grunde nach – innerhalb eines Jahres nach der rechtlichen Vertragsbeendigung geltend gemacht werden. Für die Geltendmachung der Höhe gelten die allgemeinen Verjährungsfristen der §§ 194 ff. BGB. Bei der Ein-Jahresfrist handelt es sich um eine Ausschlussfrist, sodass nach Ende dieser Frist der Anspruch nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden kann. Die Geltendmachung des Anspruchs ist nicht an eine bestimmte Form gebunden. Eine Bezifferung des Anspruchs der Höhe nach ist bei der Geltendmachung noch nicht erforderlich.
Rz. 190
Sinn und Zweck der Ausschlussfrist ist es, dem Unternehmer schnellstmöglich nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem HV Gewissheit darüber zu geben, ob dieser einen Ausgleich beansprucht oder nicht. Die Frist dient der Rechtssicherheit und soll klare Verhältnisse schaffen. Insofern kann sich der HV auch nicht auf evtl. Unkenntnisse oder unverschuldete Fristversäumung berufen. Mit dem Fristablauf ist der Anspruch erloschen, sodass auch keine Aufrechnung mehr mit diesem in Betracht kommt.
Rz. 191
Unschädlich ist es, wenn der HV den Ausgleichsanspruch bereits vor der Vertragsbeendigung geltend macht. Dies soll zumindest nach allgemeiner Auffassung dann gelten, wenn das Vertragsende absehbar ist.
Rz. 192
Die Ausschlussfrist beginnt mit dem Tag der Beendigung des Handelsvertretervertrages, wobei die Vorschriften der §§ 186 ff. BGB zu beachten sind.
Hinweis
In der Praxis wird häufig versucht, den Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB dadurch auszuschließen, dass in den Verträgen die Vorschriften der §§ 84 ff. HGB für unanwendbar erklärt werden. Sofern dies überhaupt rechtlich möglich ist – es handelt sich meist um einen Umgehungsversuch –, ist zu berücksichtigen, dass sich der Unternehmer damit der Gefahr aussetzt, einen Arbeitnehmer mit sozialversicherungsrechtlichen Kostenfolgen zu beschäftigen. Auf diesen Umstand sollte i.R.d. Beratung des Unternehmers deutlich hingewiesen werden.