Dr. Susanne Creutzig, Prof. Dr. Jürgen Creutzig
Rz. 314
Der BGH ist der Auffassung, eine freie Werkstatt habe i.d.R. keinen Rechtsanspruch auf Zulassung zum Vertragswerkstättennetz eines Herstellers von Nutzfahrzeugen. Denn sie betreffe einen dem Endkundenmarkt zur Erbringung von Instandsetzungs- und Wartungsdienstleistungen für Nutzfahrzeuge vorgelagerten Markt. Dieser umfasse alle Produkte, Dienstleistungen und Rechte, die den Zutritt auf dem nachgelagerten Markt erleichtern, wie etwa das Angebot von Ersatzteilen, Diagnosegeräten und Spezialwerkzeugen, die Vermittlung der erforderlichen jeweiligen markenspezifischen Fachkenntnisse und die Zulassungen als Vertragswerkstatt für bestimmte Fahrzeugmarken. Dieser vorgelagerte Markt ist laut BGH markenübergreifend abzugrenzen. Diese Rechtsauffassung steht in Gegensatz zur Meinung der Kommission. Deshalb hätte der Rechtsstreit dem EuGH vorgelegt werden müssen.
Rz. 315
Bzgl. des Pkw-Marktes hat der BGH durch Urt. v. 26.1.2016 eine erste Entscheidung getroffen. Einem Jaguar Servicepartner war vom Importeur gekündigt und sein Antrag auf Abschluss eines neuen Servicevertrages abgelehnt worden. Der BGH entschied, ein Pkw-Servicebetrieb könne einen Anspruch auf Abschluss eines solchen Vertrages haben. "Dies ist etwa dann der Fall, wenn Kfz-Werkstätten, die Arbeiten an Pkw einer bestimmten Marke durchführen wollen, keine wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit haben, diese Tätigkeit auch ohne den Status einer Vertragswerkstatt des jeweiligen Herstellers auszuüben".
Rz. 316
Soweit es sich um bisherige (gekündigte) Vertragshändler (hier: Vertragswerkstatt mit Vermittlerabkommen) handelt, die die Geschäftsbeziehungen als Vertragswerkstatt fortsetzen möchten, hat der BGH in seinem Urt. v. 28.6.2005 die Klage der bisherigen Vertragswerkstatt abgewiesen. Zwar sei die Beklagte, die Daimler AG, marktstarkes Unternehmen i.S.v. § 20 Abs. 2 Satz 1 GWB, von dem die Klägerin als kleines oder mittleres Unternehmen im Sinne dieser Bestimmung unternehmensbedingt abhängig sei. Die Klägerin habe aber keine Gleichbehandlung mit den übrigen Vertragswerkstätten der Beklagten verlangt: Sie wollte den Vertragswerkstättenvertrag bereits ab 1.10.2002, während die übrigen Werkstätten ihn erst zum 1.10.2003 erhalten haben. Sie sei also nicht ungleich behandelt worden. Daran scheiterte die Klage.