Rz. 181
Auf nationaler Ebene wird künftig – zum 25.5.2018 – mit § 29 Abs. 1 S. 1 BDSG-Neu ebenfalls eine Ausnahmevorschrift existieren, nach der von den Informationspflichten gemäß Art. 14 Abs. 1, 2 und 4 DSGVO abgesehen werden kann. Hiernach besteht eine Informationspflicht nicht, soweit durch ihre Erfüllung Informationen offenbart würden, die ihrem Wesen nach wegen der überwiegenden berechtigten Interessen eines Dritten, geheim gehalten werden müssen.
Rz. 182
§ 29 Abs. 1 S. 1 BDSG-Neu geht über die in Art. 14 Abs. 5 DSGVO normierten Befugnisse hinaus und fordert zum einen keine in Rechtsvorschriften der Union oder Deutschlands normierten Geheimhaltungspflichten und bezieht zudem die Geheimhaltungsinteressen nicht nur des Verantwortlichen selbst, sondern auch die Interessen Dritter mit ein. Der Erlaubnistatbestand ist damit äußerst weit gefasst und lässt nach hiesiger Auffassung die in Art. 23 Abs. 1 DSGVO geforderte Kontur vermissen. Ob die Norm insoweit als mit der DSGVO vereinbar angesehen werden kann, mag bezweifelt werden. Die Norm ist gleichwohl zunächst anwendbar; Verantwortliche können sich ohne weiteres darauf berufen, um den Informationspflichten zu entgehen.
Rz. 183
Es muss eine "ihrem Wesen nach" geheim zu haltende Information betroffen sein. Diese Regelung findet sich auch aktuell in § 19 Abs. 4 Nr. 3 BDSG. Nach dem Willen des Gesetzgebers, soll mit § 29 Abs. 1 S. 1 BDSG-Neu an den dortigen Vorgaben nichts geändert, sondern selbige vielmehr in die neue Rechtslage transformiert werden. Rechtsprechung zu § 19 Abs. 4 Nr. 3 BDSG hat es in der Vergangenheit kaum gegeben, in der Kommentarliteratur wird hier von Gola/Klug/Körffer der Fall diskutiert, dass "einem Betroffenen von einer ihm nahe stehenden Person zu seinem eigenen Besten ein vermeintliches Übel zugefügt werden muss (z.B. Veranlassung der Einweisung des Ehegatten in eine Heilanstalt)". In diesem Fall könnte der Verantwortliche daran gehindert sein, dem Betroffenen die Person des vermeintlichen "Denunzianten" nicht offenzulegen und insoweit Informationen zurückzuhalten. Naheliegender als das von Gola/Klug/Körffer benannte Beispiel scheinen die Fälle des Informantenschutzes zugunsten der Presse zu sein. Hier führt der Verzicht auf umfassende Informationen – insbesondere über die Quelle der Daten – gleichsam zu einer Stärkung der Pressefreiheit, hinter der die Interessen der betroffenen Person grundsätzlich zurückzustehen haben. Gleiches gilt nach auch für Bewertungsportale, soweit es darum geht, die Person des "Bewerters" gegenüber dem Bewerteten bekannt zu geben. Auch können ggf. Tätigkeiten von Inkassounternehmen im Falle der Forderungsdurchsetzung für Dritte darunter fallen, sofern eine Information an den Betroffenen das Befriedigungsinteresse des Gläubigers beeinträchtigten könnte.