Rz. 103
Nach § 32 Abs. 1 Nr. 2 BDSG-Neu soll eine Information nach Art. 13 Abs. 3 DSGVO auch entbehrlich sein, wenn die Weiterverarbeitung durch eine öffentliche Stelle erfolgt und eine Information an den Betroffenen die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 lit. a bis e DSGVO gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen.
Rz. 104
Wie bei § 32 Abs. 1 Nr. 3 BDSG-Neu handelt es sich hier um eine Ausnahmevorschrift zugunsten öffentlicher Stellen, d.h. dem Bund, den Ländern, den Kommunen und ihren öffentlich-rechtlichen Einrichtungen sowie staatlichen Unternehmen und Eigenbetrieben. Soweit eine Zweckänderung oder -erweiterung also aus besonders wichtigen Gründen erfolgt, entfällt die Verpflichtung, die betroffene Person über die Zweckänderung oder -erweiterung zu informieren. Dazu gehören:
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die nationale Sicherheit, |
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die Landesverteidigung, |
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die öffentliche Sicherheit, |
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die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten |
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die Strafvollstreckung, |
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der Schutz vor Gefahren für die öffentliche Sicherheit |
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die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit |
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der Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats, |
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der Schutz eines wichtigen wirtschaftlichen oder finanziellen Interesses der Union oder eines Mitgliedstaats, etwa im Währungs-, Haushalts- und Steuerbereich sowie im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der sozialen Sicherheit. |
Rz. 105
Diese Grundsätze gelten nicht, wenn die Interessen des Betroffenen (ausnahmsweise) die Interessen der öffentlichen Stelle überwiegen. Dies kann der Fall sein, wenn mit der Weiterverarbeitung ein schwerwiegender Eingriff in Grundrechte oder Grundfreiheiten des Betroffenen verbunden ist, etwa wenn die Zweckänderung in einer Rasterfahndung mündet, die für den Betroffenen mit erheblichen Grundrechtseingriffen verbunden sein kann. Erinnert sei insoweit an einen Vorgang in Dresden aus dem Jahre 2011 bei dem anlässlich einer Demonstration des rechten Spektrums über vier Stunden lang sämtliche Mobilfunk-Verbindungsdaten großräumig im Bereich der Demonstration erfasst wurden. Unter den Teilnehmern waren auch Anwälte, Journalisten sowie Abgeordnete des Bundestages und mehrerer Landtage. Die Rasterfahndung wurde zur Unterstützung von Ermittlungen in Fällen des Landfriedensbruchs zwar gerichtlich genehmigt, ein Teil der Daten wurde jedoch anschließend zweckentfremdet und für andere Ermittlungen in Zusammenhang mit der Demonstration genutzt.