Rz. 197
Unbeschadet der Informationspflichten des Verantwortlichen nach Art. 13, 14 DSGVO normiert Art. 21 Abs. 4 DSGVO eine besondere Unterrichtungspflicht des Verantwortlichen gegenüber der betroffenen Person für die Fälle, in denen sich eine Verarbeitung entweder auf Art. 6 Abs. 1 lit. e) DSGVO oder Art. 6 Abs. 1 lit f) DSGVO stützt oder die Verarbeitung zum Zwecke der Direktwerbung erfolgt. In diesen Fällen muss die betroffene Person spätestens zum Zeitpunkt der ersten Kommunikation mit ihr ausdrücklich auf das in den Art. 21 Abs. 1 und 2 DSGVO normierte Widerspruchsrecht hingewiesen werden. Dieser Hinweis hat in einer verständlichen und von anderen Informationen (damit auch von den Informationen nach Art. 13, 14) getrennten Form zu erfolgen. Das Trennungsgebot muss dabei nicht durch zwei gesonderte Informationsschreiben erfüllt werden, es ist jedoch zu fordern, dass die Unterrichtung nach Art. 21 Abs. 4 DSGVO jedenfalls optisch klar und eindeutig von anderen Informationen getrennt ist und nicht in solchen anderen Informationen untergeht.
Rz. 198
Die Regelung in Art. 21 Abs. 4 DSGVO enthält eine Verschärfung in Bezug auf die bisherige Rechtslage in der Datenschutzrichtlinie. Diese sah in Art. 14 bislang lediglich vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die betroffenen Personen vom Bestehen des Widerspruchsrechts in Bezug auf die Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für Zwecke der Direktwerbung Kenntnis haben. Eine Verpflichtung, die betroffene Person über diesen speziellen Anwendungsfall hinaus generell auf die Möglichkeit des Widerspruchs gegen die Verarbeitung auf der Grundlage der Verwirklichung eines berechtigten Interesses des Verantwortlichen oder eines Dritten (Art. 7 lit. f. Datenschutzrichtlinie) bzw. in Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt (Art. 7 lit. e. Datenschutzrichtlinie), hinzuweisen, sah die Datenschutzrichtlinie nicht vor. Entsprechend sieht auch das aktuelle BDSG (§ 28 Abs. 4 S. 2 BDSG) lediglich eine Hinweispflicht in Bezug auf die Möglichkeit des Werbewiderspruchs vor. Dies wirft die Frage auf, ob die Hinweispflichten nach Art. 22 Abs. 4 DSGVO auch hinsichtlich sämtlicher bereits auf Basis eines berechtigten Interesses des Verantwortlichen oder eines Dritten erhobener (=verarbeiteter) Alt-Daten zum Anwendungszeitpunkt der DSGVO am 25.5.2018, 0:00 Uhr, neu entstehen. Nach Erwägungsgrund 171 sollen Verarbeitungen, die zum Zeitpunkt der Anwendung dieser Verordnung bereits begonnen haben, innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten mit ihr in Einklang gebracht werden. Dies spricht dafür, dass die Verordnung auch auf Alt-Daten und ihre Verarbeitung ausnahmslos ab dem 25.5.2018, 0:00 Uhr Anwendung findet und die hier normierten Verpflichtungen und damit auch Art. 21 Abs. 4 DSGVO zu erfüllen sind. Da ein "Hinweis" auf ein bestehendes Widerrufsrecht gegen Verarbeitungen gem. Art. 6 Abs. 1 lit. e) und f) DSGVO (bzw. ihren Vorgängerregelungen in Art. 7 Datenschutzrichtlinie) mangels entsprechender Verpflichtung in der Regel nicht stattgefunden haben wird, könnte argumentiert werden, ein entsprechender Hinweis sei spätestens bei der ersten Kommunikation mit der betroffenen Person nach dem 24.5.2018, 24:00 Uhr, nachzuholen. Da Art. 21 Abs. 4 DSGVO – anders als Art. 13 und 14 DSGVO – keine Einschränkungen der Hinweispflicht normiert, kann diese jedenfalls nicht mit Blick auf einen "unverhältnismäßigen" Aufwand auf Seiten des Verantwortlichen oder eine nicht vorhandene Verpflichtung in der Datenschutzrichtlinie entfallen. Vertretbar erscheint es, darauf abzustellen, ob bis zum Anwendungszeitpunkt der DSGVO überhaupt eine Kommunikation mit der betroffenen Person stattgefunden hat und die Hinweispflicht nach Art. 21 Abs. 4 DSGVO entsprechend nur auf solche Verarbeitungen Anwendung finden zu lassen, in denen bis zum 24.5.2018, 24:00 Uhr noch gar keine Kommunikation mit der betroffenen Person stattgefunden hat.