Rz. 67
Auch im Nachlassinsolvenzverfahren finden die allgemeinen Vorschriften der §§ 103 ff. InsO Anwendung. Nach § 103 InsO steht dem Insolvenzverwalter bei gegenseitigen Verträgen ein Erfüllungswahlrecht zu. Sein Wahlrecht hat er nach Eröffnung auszuüben. Erklärt der Verwalter nicht von sich aus, ob er Erfüllung wählt, hat der Vertragspartner die Möglichkeit den Insolvenzverwalter gem. § 103 Abs. 2 S. 2 InsO zur Ausübungseines Wahlrechts aufzufordern. Schweigt der Insolvenzverwalter auf diese Aufforderung, so kann ihm dies nicht als Erfüllungswahl ausgelegt werden. In Betracht kommt in engen Grenzen jedoch eine Erfüllungswahl durch konkludentes Verhalten. Der Insolvenzverwalter ist dann gesetzlich verpflichtet, unmittelbar zu erklären, ob er die Vertragserfüllung wählt oder diese ablehnt.
Rz. 68
Wählt der Verwalter die Erfüllung, hat er die Gegenleistung aus der Masse zu erbringen, § 55 Abs. 2 InsO. Lehnt er diese ab, so kann der andere Teil einen möglichen Schaden nur als Insolvenzforderung geltend machen. Wurde die vertraglich vereinbarte Leistung seitens des Gläubigers bereits vor Insolvenzeröffnung erbracht, die Gegenleistung des Schuldners steht aber noch aus, so kann auch diese nur als Insolvenzforderung zur Tabelle angemeldet werden. Das Vertragsverhältnis ist so abzurechnen, als wäre es erfüllt worden. Die Differenz bildet den Schaden.
Rz. 69
Bei Mietverhältnissen steht dem Insolvenzverwalter grundsätzlich ein Sonderungskündigungsrecht nach § 109 Abs. 1 S. 1 InsO mit einer maximalen Kündigungsfrist von drei Monaten zu. Ist die Wohnung des Schuldners Gegenstand des Mietverhältnisses, so tritt an die Stelle der Kündigung die in § 109 Abs. 1 S. 2 InsO vorgesehene Enthaftungserklärung für Verbindlichkeiten aus dem Verhältnis. Im Nachlassinsolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter jedoch anstelle des Erben die Kündigung wegen Todes dies Mieters nach §§ 564 S. 2, 580 BGB oder des Pächters nach §§ 584a Abs. 2, 594d BGB aussprechen. Das Eintrittsrecht des Ehegatten, Lebenspartners oder weiterer Familienangehörigen nach § 563 BGB gilt uneingeschränkt fort.
Rz. 70
Fallen Arbeitsverhältnisse in den Nachlass, bspw. bei einer Betriebsfortführung, so kann der Insolvenzverwalter diese gem. § 113 S. 1 und 2 InsO mit einer Maximalfrist von drei Monaten kündigen. Der sog. Verfrühungsschaden kann dann ebenfalls nur zur Insolvenztabelle angemeldet werden, § 113 S. 3 InsO.
Rz. 71
Vor der Verfahrenseröffnung durch den Erblasser oder den Erben erteilte Aufträge, Geschäftsbesorgungsverträge und Vollmachten erlöschen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, §§ 115–117 InsO. Regelmäßig wichtigster Anwendungsfall sind hier die Bank- und Giroverträge, welche rechtlich als Geschäftsbesorgungsverträge einzuordnen sind.