A. Einleitung
I. Auswanderung aus Italien
Rz. 1
Italien war seit jeher ein Auswanderungsland. Man schätzt, dass zwischen 1876 und 1976 über 24 Millionen Menschen das Land verlassen haben. Italien verzeichnet drei Perioden, in denen es eine verstärkte Auswanderung gegeben hat:
Die erste Periode, die sogenannte große Emigration, begann direkt nach der italienischen Einheit und endete in den1920er Jahren. Die Auswanderung erfolgte in dieser Zeit nach Amerika.
Die zweite Periode, die sogenannte europäische Emigration, fand zwischen 1945 und den 1970er Jahren statt. In dieser Phase wanderten überwiegend Hilfsarbeiter aus, welche eine Beschäftigung im europäischen Ausland fanden. Der Großteil der Auswanderer arbeitete im Bergbau und in der Stahlindustrie. In diese Zeit fallen auch die Staatsverträge zwischen Belgien und Italien sowie zwischen Deutschland und Italien.
Die dritte Periode, die sogenannte neue Emigration, setzte zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein. Auslöser war die Weltwirtschaftskrise von 2007, welche vor allem junge Akademiker traf.
Rz. 2
Von den Auswanderern kehrten ungefähr 30 % wieder nach Italien zurück. Die Auswanderung hat auch dazu geführt, dass 60–80 Millionen Menschen auf der Welt italienische Wurzeln haben. Insbesondere die letzten zwei Auswanderungswellen haben dazu geführt, dass außerhalb von Italien oftmals die Ansicht vertreten wird, dass ein Leben in Italien nur schwer möglich ist. Dabei wird vergessen, dass Italien einer der bedeutendsten Industriestaaten der westlichen Welt ist. Italien ist unter anderem Gründungsmitglied der Europäischen Union, Mitglied der G7, der G20, der NATO, der Vereinten Nationen (UNO), der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Welthandelsorganisation (WTO).
II. Einwanderung nach Italien
Rz. 3
Italien ist mittlerweile nicht mehr nur ein Auswanderungsland. Italien hat sich seit einigen Jahrzehnten auch zu einem Einwanderungsland entwickelt. Die Einwanderung nach Italien begann erst in den1970er Jahren ein signifikantes Ausmaß anzunehmen. Italien ist in der EU das Mitgliedsland mit der vierthöchsten Einwanderungsquote. Dabei ist der Anteil der Einwanderer aus Drittstaaten wesentlich höher als der Anteil der Einwanderer aus anderen EU-Mitgliedstaaten. Der Großteil der Einwanderer kommt aus Rumänien, Albanien, Afrika und Asien. Im Jahr 2021 lebten insgesamt 5.171.894 Einwanderer in Italien. Die Einwanderer leben dabei überwiegend in den Großstädten. Die Ausländerquote ist im Süden niedriger als im Norden.
Rz. 4
Im Jahr 2020 verzeichnete Italien eine Einwanderung von insgesamt 247.526 Menschen ohne italienische Staatsangehörigkeit. Die Tendenz ist bei der Einwanderung stark fallend. 2019 wanderten noch 332.778 Menschen nach Italien ein. Die höchste Einwanderungszahl verzeichnete Italien im letzten Jahrzehnt im Jahre 2011 mit 385.793 Einwanderern.
Rz. 5
Italien benötigt jedoch Einwanderer, da die Todesfälle die Zahl der Geburten übersteigen. Bei dieser Bevölkerungsentwicklung handelt es sich um ein europäisches Phänomen. Italien gehört zu den EU-Mitgliedstaaten, welche den stärksten Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen haben. Im Jahr 2019 ging die Bevölkerung Italiens um 1,9 Promille zurück. Gleichzeitig gehört Italien zu den EU-Mitgliedstaaten, die die niedrigste Geburtenrate in der EU haben. In Italien konnten im Jahr 2019 auf 1.000 Einwohner sieben Geburten verzeichnet werden.
Rz. 6
Italien hat es sich zum Ziel gemacht, als Einwanderungsland attraktiv zu werden und finanzstarke Ausländer anzuziehen. Bei Ausländern ist der Erwerb von Immobilien in Italien besonders beliebt. Die Preise sind in weiten Landesteilen im internationalen Vergleich mit anderen Industriestaaten immer noch niedrig, auch wenn es sich bei den Immobilien überwiegend um Ferienimmobilien handelt. Hierdurch kann nicht erreicht werden, dass die Einwohnerzahl und die Kaufkraft auch außerhalb der touristischen Hauptsaison erhöht wird. Eine solche Entwicklung wäre jedoch nötig, damit der italienische Staat durch die Einwanderer Konsum, Steuereinnahmen und Sozialversicherungsabgaben generieren kann.
Rz. 7
Für Unionsbürger ist die Einwanderung nach Italien unkompliziert. Gemäß Art. 21 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Art. 45 der EU-Grundrechtscharta in Verbindung mit der Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG haben EU-Bürger und ihre Familienangehörigen das Recht, sich in der EU frei zu bewegen und aufzuhalten. Dieses Recht auf Freizügigkeit beinhaltet zum Beispiel auch, dass sich Unionsbürger für einen Zeitraum von drei Monaten ohne Registrierung in Italien aufhalten können, sofern sie im Besitz eines...