Rz. 118

 

Beispiel

EL ist verstorben. Er hinterlässt sein minderjähriges Kind K und seine Ehefrau F. Ferner gehört zu den Hinterbliebenen der Bruder B der F und dessen Ehefrau S. S hatte es dem EL angetan, so dass er sie zur Alleinerbin bestimmt hat.

Es richtet sich also der Pflichtteilsanspruch des minderjährigen K gegen S, die Schwägerin des überlebenden Ehegatten F. §§ 1629 Abs. 2, 1795 Abs. 1 Nr. 1, 181 BGB stehen der Geltendmachung dieses Anspruchs durch F gegen S nicht entgegen.

Die Pflichtteilsansprüche von K und F verjähren in drei Jahren (§ 195 BGB), wobei die Verjährungsfrist mit dem Ende des Jahres beginnt, in dem der Anspruch entstanden ist und F die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderten Kenntnisse erlangt hat oder grob fahrlässig nicht erlangt hat.

Macht in den Beispielen die Mutter (F) den Pflichtteilsanspruch des K nicht geltend, so kann das Familiengericht ihr in Betreff der Geltendmachung solchen Anspruchs (also teilweise) die elterliche Vermögenssorge entziehen und einen Ergänzungspfleger (§ 1909 BGB) mit entsprechendem Wirkungskreis einsetzen. Auf §§ 1629 Abs. 2 S. 3, 1796 BGB kann sich der Entzug der Vertretungsmacht nicht stützen, denn hier fehlt es an dem erheblichen Interessengegensatz zwischen Mutter und Kind. Das Familiengericht muss, gestützt auf § 1666 Abs. 1 BGB ("Gefährdung des Kindeswohls"), eingreifen.[25]

 

Rz. 119

Natürlich kann das Familiengericht nur eingreifen, wenn es von der Existenz von Pflichtteilsansprüchen Kenntnis hat. Wenigstens in den Fällen, in denen der Pflichtteilsanspruch 15.000 EUR übersteigt, erhält das Familiengericht gemäß § 356 FamFG Kenntnis vom Vermögen des Kindes im Sinne von § 1640 BGB (siehe Rdn 156 ff.). Eine Pflicht (im Beispiel: der Mutter F), die eigene Untätigkeit anzuzeigen, besteht nicht. Verjährt der Anspruch, so steht dem Kind ein Schadensersatzanspruch aus § 1664 BGB zu (siehe Rdn 121).

[25] Staudinger/Coester, BGB, 2016, § 1666 Rn 188. § 1667 ist keine abschließende Konkretisierung; Staudinger/Coester, BGB, 2016, § 1667 Rn 5.

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