Rz. 43

Ist der Schadensfall das Ergebnis einer Reihe ineinandergreifender Ursachen, wird häufig darüber gestritten, ob das dem Anwalt zur Last fallende Verhalten in Anbetracht der übrigen kausal gewordenen Umstände noch rechtserhebliche Bedeutung hat. Nach ständiger Rechtsprechung wird im Schadensersatzrecht allgemein jede Handlung oder Unterlassung als adäquat ursächlich angesehen, welche die objektive Möglichkeit eines Nachteils der eingetretenen Art generell in nicht unerheblicher Weise erhöht hat.[71]

 

Rz. 44

Die Prüfung erstreckt sich auf alle zur Zeit des Eintritts der Begebenheit dem optimalen Beobachter erkennbaren Umstände und bezieht auch das erst im Zeitpunkt der Beurteilung zur Verfügung stehende Erfahrungswissen ein. Gefordert ist eine wertungsgeprägte Entscheidung, bis zu welcher Grenze dem Urheber einer Bedingung deren Folgen billigerweise zugerechnet werden können.[72] Ist dessen Verhalten im Allgemeinen und nicht nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassenden Umständen geeignet, den eingetretenen Schaden herbeizuführen,[73] wird die Adäquanz und damit ein Zurechnungszusammenhang zwischen dem Verhalten und dem eingetretenen Schaden bejaht.

 

Rz. 45

Im Anwaltshaftungsrecht tritt diese Problematik regelmäßig in der Weise auf, dass der Mandant selbst oder Dritte willentlich in das Geschehen eingegriffen und damit das Ergebnis beeinflusst haben. Gleichwohl wird die Vertragsverletzung dem Anwalt in aller Regel haftungsrechtlich zugerechnet. Dessen Pflichtwidrigkeit bleibt nur dann als nicht schadensadäquat unberücksichtigt, wenn sie in keinem inneren Zusammenhang zum eingetretenen Schaden steht, vielmehr nur den äußeren Anlass für ein völlig ungewöhnliches Eingreifen eines Dritten bildet.[74]

[71] BGHZ 3, 261.
[72] BGHZ 3, 261; BGHZ 79, 259, 261= NJW 1981, 983.
[73] BGHZ 7, 198, 204 = NJW 1953, 700, 701; BGHZ 57, 137, 141 = NJW 1972, 36, 37; BGH, NJW 1986, 1329, 1331; BGH, NJW 1990, 2882, 2883; BGH, NJW 2000, 947, 948; BGH, 9.11.2017 – IX ZR 270/16, WM 2018, 1944 Rn 21.
[74] BGH, NJW 1986, 1329, 1331; BGH, NJW 1990, 2882, 2884; BGH, NJW 1993, 2797, 2799; BGH, NJW 2000, 947, 948; BGH, NJW 2002, 1117, 1120.

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