1. Grundregel
Rz. 10
Der Beweis für den Ursachenzusammenhang zwischen der Pflichtwidrigkeit und dem Schaden obliegt nach allgemeinen Regeln demjenigen, der Schadensersatz verlangt; denn es handelt sich dabei um eine anspruchsbegründende Voraussetzung. Daran hat die Rechtsprechung im Grundsatz bis heute festgehalten. Wären bei sachgerechtem Handeln des Anwalts mehrere Handlungsalternativen in Betracht gekommen, so hat der Mandant denjenigen Weg zu bezeichnen, für den er sich konkret entschieden hätte. Wäre die Verwirklichung der behaupteten Entscheidung vom Verhalten eines Dritten abhängig gewesen, muss der Kläger diese ihm günstige Bereitschaft des Dritten ebenfalls darlegen und beweisen. Da Regressprozessen gegen den Anwalt oftmals ein sehr komplexer Sachverhalt zugrunde liegt und die Entscheidung von Tatsachenfeststellungen und Wertungen vielfältiger Art beeinflusst sein kann, bedeutet dies für den Mandanten in der Praxis eine hohe Hürde, an der sein Ersatzanspruch nicht selten zu scheitern droht. Daher wurde schon lange die Frage diskutiert, ob – über § 287 ZPO hinaus – unter bestimmten Voraussetzungen eine Verlagerung der Beweislast auf den Anwalt oder zumindest eine Beweiserleichterung für den Mandanten geboten ist. Gerade in diesem Bereich hat sich die höchstrichterliche Rechtsprechung in wesentlichen Punkten weiterentwickelt.
2. Grober Fehler
Rz. 11
Im Arzthaftungsrecht gilt nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz, dass der Arzt, der einen groben Fehler begangen hat, das Risiko der nicht vollen Aufklärbarkeit des ursächlichen Verlaufs zu tragen hat, sofern die ihm zur Last fallende Pflichtwidrigkeit geeignet war, den eingetretenen Schaden herbeizuführen. Daraus leiten manche Autoren die Forderung ab, auch der Anwalt müsse bei groben Vertragsverletzungen das Beweisrisiko tragen.
Rz. 12
Diesen Bestrebungen hat der BGH jedoch in einem Grundsatzurteil v. 9.6.1994 für echte Anwaltsverträge mit Rechtsbeistandspflicht (§ 3 Abs. 1 BRAO) eine Absage erteilt. Der Mandant hat auch im Fall eines groben anwaltlichen Pflichtverstoßes dessen Kausalität für den geltend gemachten Schaden zu beweisen. Zwei Erwägungen waren dafür von maßgeblicher Bedeutung: Der Fehler des Anwalts verletzt den Mandanten nicht in einem höchstpersönlichen Rechtsgut, sondern hat i.d.R. nur vermögensrechtliche Nachteile zur Folge.V.a. aber sind die Beweisschwierigkeiten des Mandanten nicht mit denen des geschädigten Patienten vergleichbar. Bzgl. dessen, was sich im Körper des Patienten abspielt, hat der Arzt einen erheblichen Wissensvorsprung. Weil die Aufklärung des Sachverhalts besondere medizinische Kenntnisse voraussetzt, ist der Patient dem Arzt insoweit als Prozesspartei deutlich unterlegen. Bei anwaltlichen Vertragsverletzungen wird die Schadensentstehung dagegen häufig entscheidend beeinflusst von Umständen aus der Sphäre des Mandanten, die der Anwalt nicht kennt oder auf die er jedenfalls keinen Einfluss nehmen kann. Oftmals geht es um Fragen, zu deren Klärung der Auftraggeber ebenso gut beitragen kann wie der Anwalt, denen der Mandant vielfach sogar näher steht, weil sie sich in seiner Lebenssphäre abgespielt haben. Das Gebot der "Waffengleichheit im Prozess" rechtfertigt daher keine Beweislastverlagerung auf den Anwalt.
3. Beratungsfehler
Rz. 13
Hat der Anwalt vertragliche Aufklärungs-, Hinweis- oder Beratungspflichten verletzt, ergibt sich in jedem Fall die Frage, wie der Mandant gehandelt hätte, wäre er ordnungsgemäß ins Bild gesetzt worden. Da es sich insoweit um einen gedachten, hypothetischen Sachverhalt handelt, begründet dieser Punkt besondere Beweisschwierigkeiten, die zudem bei pflichtgemäßem Handeln des rechtlichen Beraters nicht aufgetreten wären. Daher sind sich Lehre und Praxis im Ansatz einig, dass dem Mandanten das Überwinden dieser Hürde erleichtert werden muss.
Rz. 14
Nach einer vom BGH im Kauf- und Werkvertragsrecht entwickelten Rechtsprechung trifft denjenigen, der vertragliche Hinweis- oder Beratungspflichten verletzt, das Risiko der Unaufklärbarkeit des Kausalzusammenhangs, soweit es um die Frage geht, wie der Kunde gehandelt hätte, wenn ihm die gebotene Aufklärung erteilt worden wäre. Zu dessen Gunsten gilt a...