Dr. iur. Christa Bienwald, Dr. Claus-Henrik Horn
I. Änderungen durch Reform
Rz. 4
§ 1896 Abs. 3 BGB a.F. ist in § 1815 Abs. 3 BGB aufgegangen. Es handelt sich um den Aufgabenbereich Kontrolle des Bevollmächtigten. Danach ist es dem Kontrollbetreuer möglich, die Rechte des Betreuten gegenüber seinem Bevollmächtigten geltend zu machen. Hierzu zählt auch der Widerruf der Vollmacht. Nach altem Recht musste die Befugnis, Vollmachten zu widerrufen, noch ausdrücklich als Aufgabe durch Beschluss angeordnet worden sein. Sinnvollerweise wird mit § 1815 Abs. 3 BGB im Gegensatz zur alten Rechtslage die Befugnisse des Kontrollbetreuers erweitert, da dieser auch Auskunfts- und Rechenschaftsansprüche des Betreuten gegenüber Dritten geltend machen kann. Der Gesetzgeber hat etwa an Banken, Grundbuchämter oder sonstige Dritte gedacht. So würde dem Kontrollbetreuer eine effiziente Kontrolle des Bevollmächtigten gerade bei einem (drohenden) Missbrauch der Vollmacht ermöglicht werden. Maßgaben, die von der Rechtsprechung zum alten Recht entwickelt wurden, sind nunmehr in § 1820 Abs. 3 BGB aufgenommen und konkretisiert worden, auch in § 1815 Abs. 3 BGB: § 1820 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 BGB normiert die kumulativen Erfordernisse, in welchen Fällen ein Kontrollbetreuer durch das Betreuungsgericht zu bestellen ist. Erst bei Feststellung eines konkreten Überwachungsbedarfes wird ein Kontrollbetreuer erforderlich. Der Gesetzgeber stellt durch § 1820 Abs. 5 BGB nunmehr den Widerruf einer Vollmacht unter einen betreuungsgerichtlichen Genehmigungsvorbehalt (siehe Rdn 22 ff.). Um Missbrauch durch eine Vollmacht zu vermeiden, erlaubt es § 1820 Abs. 4 BGB dem Betreuungsgericht anzuordnen, dass der Bevollmächtigte die ihm erteilte Vollmacht nicht ausüben darf und die Vollmachtsurkunde an den Betreuer herauszugeben hat (siehe Rdn 20 ff.).
Es handelt sich nach den neuen Begrifflichkeiten bei der Zuweisung der Geltendmachung von Rechten des Betreuten um einen Aufgabenbereich, nicht um einen Aufgabenkreis. Der Aufgabenkreis eines Betreuers setzt sich aus allen ihm zugewiesenen Aufgabenbereichen zusammen. Neben dem Aufgabenkreis der Kontrollbetreuung kann das Gericht dem Betreuer auch weitere Aufgabenbereise zuordnen.
II. Überblick
Rz. 5
Für die Einrichtung einer Kontrollbetreuung ("Vollmachtsüberwachungsbetreuung") nach § 1815 Abs. 3 BGB i.V.m. § 1820 Abs. 4 BGB (§ 1896 Abs. 3 BGB a.F.) müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
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eine wirksame Vollmacht, die bislang nicht widerrufen wurde, |
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fehlender freier Wille nach § 1814 Abs. 2 BGB (§ 1896 Abs. 1a BGB a.F.), |
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Unvermögen des Vollmachtgebers zur Überwachung des Bevollmächtigten aus den in § 1820 Abs. 3 Nr. 1 BGB (§ 1896 Abs. 1 BGB a.F.) genannten Gründen (siehe Rdn 6 f.), und |
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konkreter Überwachungsbedarf i.S.d. § 1820 Abs. 3 Nr. 2 BGB (siehe Rdn 8 f.). |
Ist der Bevollmächtigte untätig oder ungeeignet, reicht die Bestellung eines Kontrollbetreuers nicht aus. Dann ist eine Vollbetreuung nach Maßgabe der §§ 1814 Abs. 1, 1815 S. 3 BGB einzurichten, wonach nach neuem Recht die Aufgabenbereiche sämtlich genau anzuordnen sind. Die Einrichtung einer Kontrollbetreuung stellt zutreffend nach dem BVerfG einen gewichtigen Grundrechtseingriff bei dem Betroffenen dar, der in seiner Entscheidungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG ganz oder teilweise eingeschränkt wird. Eine Kontrollbetreuung darf daher nicht gegen den freien Willen des Betroffenen eingerichtet werden (§ 1814 Abs. 2 BGB).
III. Keine Kontrolle des Bevollmächtigten aufgrund einer Krankheit oder Behinderung möglich (§ 1820 Abs. 3 Nr. 1 BGB)
Rz. 6
Anlass für die Einrichtung einer Kontrollbetreuung ist, dass der Vollmachtgeber seine Rechte, insbesondere seine Kontrolle, gegenüber dem Bevollmächtigten nicht mehr ausüben kann. Das ist aber nicht dann schon der Fall, wenn der Bevollmächtigte geschäftsunfähig wird, weil gerade eine später eintretende Geschäftsunfähigkeit einer der Gründe für die Bevollmächtigung ist. Mit der Vollmacht wollte der Vollmachtgeber schließlich staatliches Eingreifen gerade für den Fall seiner Geschäftsunfähigkeit verhindern.
Rz. 7
Daher ist nicht bereits dann ein Kontrollbetreuer zu bestellen, wenn der Vollmachtgeber seinen Bevollmächtigten nicht mehr überwachen kann. Nach § 1820 Abs. 3 Nr. 1 BGB ist Voraussetzung für eine Kontrollbetreuung, dass der Betroffene aufgrund einer Krankheit oder einer Behinderung nicht mehr in der Lage ist, seine Rechte gegenüber dem Bevollmächtigten auszuüben (subjektive Komponente). Das Unvermögen des Betroffenen zur Ausübung seiner Rechte gegen seinen Bevollmächtigten (siehe Rdn 39 ff.) muss auf den Betreuungsgründen i.S.d. § 1814 Abs. 1 BGB (§ 1896 Abs. 1 BGB a.F.) beruhen. Fehlende Ge...