Rz. 28

Bis zum 1.8.2016 folgten SGB II und SGB XII für die Bestimmung von Einkommen gleichen Regeln. Das SGB XII versteht in § 82 SGB XII unter Einkommen heute immer noch Einnahmen in Geld und Geldeswert – und zwar gleich welcher Art und gleich auf welchem Rechtsgrund sie beruhen. Das SGB II hat sich davon gelöst und ordnet Einnahmen in Geldeswert dem Vermögen zu.

a) Einnahmen in Geld (§ 11 Abs. 1 SGB II)

 

Rz. 29

Nach der seit dem 1.8.2016 geltenden Definition des § 11 SGB II sind als Einkommen nur noch

alle Einnahmen in Geld
mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen
abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge

zu verstehen. Zu den klassischen Einkünften in Geld gehören z.B. auch die Zinsen, die aus geschontem Vermögen (§ 12 SGB II) erzielt werden.[48]

Einzelne Einnahmen in Geldeswert werden nach § 11 Abs. 1 SGB II i.V.m. der Alg II VO[49] trotz ihres Charakters als Einnahme in Geldeswert als Einkommen behandelt, z.B. wenn sie im Rahmen einer Erwerbstätigkeit anfallen.

 

Rz. 30

Grundsätzlich kann für die Bestimmung und Anrechnung von Einkommen, das eine Einnahme in Geld ist, auf die Ausführungen zum SGB XII vollinhaltlich Bezug genommen werden. Die grobe Grundstruktur und die Grundprinzipien der bedarfsdeckenden Anrechnung von Einkommen in Geld weichen – abgesehen davon, dass die eigenen und die Einkünfte Dritter im SGB II horizontal statt vertikal zugerechnet werden – im Wesentlichen nicht voneinander ab.

Grundsätzlich kann auch auf einzelne Fallgestaltungen Bezug genommen werden, wie z.B. auf die Qualifizierung von Zuwendungen Dritter als berücksichtigungsfähige Geldzahlungen, die einem SGB II-Leistungsberechtigten zum endgültigen Verbleib zugewendet werden, nichtberücksichtigungsfähige Darlehen, die mit einer Rückzahlungsverpflichtung im Sinne des BGB gegenüber dem Darlehensgeber belastetet sind, und nicht berücksichtigungsfähiger Nothilfe i.S.e. Zuwendung Dritter, welche eine rechtswidrig vom Grundsicherungsträger abgelehnte Leistung eben wegen der Ablehnung bis zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes substituieren sollen.[50]

 

Hinweis

Bei regelhaften Zahlungen durch Dritte reicht es nicht aus, solche Zahlungen als Darlehen zu bezeichnen. "Schein-Darlehen" zur Vermeidung einer Anrechnung führen zur Anrechnung.[51]

 

Rz. 31

Die Ausführungen zu Einkünften aus Geldeswert können nicht aus dem SGB XII hierher übertragen werden. Hier gelten seit dem 1.8.2016 grundlegende Unterschiede.

[48] BSG v. 9.8.2001 – Az.: B 11 AL 15/01 R, BSGE 88, 258; LSG Berlin-Brandenburg v. 17.2.2016 – Az.: L 25 SA 2488/12.
[49] Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld/Arbeitslosengeld II Sozialgeld-Verordnung v. 17.12.2007 – BGBl I 2007, 2942, zuletzt geändert durch Art. 1 V v. 10.12.2020 BGBl. I, 2925.
[51] LSG Niedersachsen-Bremen v. 27.6.2017 – Az.: L 11 AS 378/17 B ER, Rechtsdienst 2/2018, 62.

b) Einnahmen in Geldeswert – Kein Einkommen, sondern Vermögen (§ 12 SGB II) oder doch nicht?

 

Rz. 32

Nach der Neuregelung zum 1.8.2016 sind Einnahmen in Geldeswert – also insbesondere Sachwerte – im SGB II jetzt kein Einkommen mehr, sondern Vermögen.

Zitat

"Einnahmen in Geldeswert bleiben daher künftig grundsätzlich anrechnungsfrei und sind somit ab dem Ersten des Monats, der auf den Monat des Zuflusses folgt, dem Vermögen der Leistungsberechtigten zuzuordnen. Erforderlich ist daher insoweit eine Prüfung, ob das neu erworbene Vermögen zu berücksichtigen ist. In vielen Fällen wird es sich dabei um Vermögen handeln, das nicht zu berücksichtigen ist (zum Beispiel angemessener Hausrat, § 12 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1, aber auch die Erbschaft einer bereits zum Zeitpunkt der Erbschaft selbst bewohnten Immobilie). Ist das neu erworbene Vermögen hingegen zu berücksichtigen (zum Beispiel die Erbschaft einer nicht selbst bewohnten Immobilie), ist diese nach den allgemeinen Regeln des § 12 Absatz 4 mit ihrem Verkehrswert als Vermögen zu berücksichtigen. Nach § 12 Absatz 4 Satz 2 gilt dabei für die Bewertung der Zeitpunkt des Erwerbs. Ist eine sofortige Verwertung des zu berücksichtigenden Vermögens nicht möglich, sind Leistungen nach § 24 Absatz 5 zu erbringen."[52]

Zu beachten ist allerdings, dass Forderungen, wie z.B. Hinterbliebenenrenten oder Lebensversicherungen, wenn sie erst im Leistungszeitraum erfüllt werden und sich nicht als "Versilberung" von Vermögen darstellen, nach Maßgabe der vorstehend beim SGB XII erläuterten "Forderungsrechtsprechung"[53] weiterhin als Einkommen behandelt werden.[54] Das macht es notwendig, sich nachfolgend die Forderungen aufgrund Erbfalls gesondert anzusehen, denn geldwerte Ansprüche, wie z.B. ein Pflichtteilsanspruch, sind nunmehr eigentlich – unabhängig vom Zeitpunkt des Erbfalls – Vermögen, wenn der Erbfall nach dem 31.7.2016 eingetreten ist. Der Pflichtteilsanspruch ist damit als Forderung generell selbst dann Vermögen, wenn der Anspruch im laufenden Arbeitslosengeld II-Bezug entstanden ist.[55]

Fraglich ist, ob und wie die Praxis dies umsetzt.

[52] BT-Drucks 18/8041, 32.

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