Dr. Gudrun Doering-Striening
a) Anspruchsübergang wegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
Rz. 190
Der gesetzliche Forderungsübergang erfolgt ausschließlich wegen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 1 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. §§ 19 ff. SGB II). Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind im 3. Kapitel des SGB II (§§ 19–29 SGB II) geregelt.
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind:
Im Abschnitt 2 des SGB II werden als Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts eine Reihe anderer Leistungen aufgeführt, u.a. die Leistungen Bildung und Teilhabe nach § 28 SGB II. Ob sie nach § 33 SGB II übergehen, ist ungeklärt.
Rz. 191
Zu den Leistungen, bei denen kein Anspruchsübergang erfolgt, gehören Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, wie z.B.
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Einstiegsgeld, § 16b SGB II |
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Leistungen einer Arbeitsgelegenheit. |
Die Zuschussleistungen zu Beiträgen freiwillig Versicherter nach § 26 SGB II sowie entsprechende Leistungen für Sozialversicherungsbeiträge führen ebenfalls zu einem Anspruchsübergang.
b) Anspruchsübergang wegen erbrachter Leistungen
Rz. 192
Die Leistungen müssen "erbracht" worden sein. Ob die darlehensweise Gewährung von Leistungen an den Leistungsberechtigten ausreicht, ist streitig. Z.T. wird bejaht, dass Darlehen und Anspruchsübergang nebeneinander möglich sind. Nach diesseitiger Ansicht sind Darlehen und Anspruchsübergang unterschiedliche Mittel des "Sozialhilferegresses". Ist der Leistungsbezieher bereits selbst Inhaber eines vermögenswerten Rechtes, ohne daraus schon Mittel erlangt zu haben (z.B. Eigentümer einer nicht geschonten Immobilie nach § 24 Abs. 5 SGB II), kommt ein Darlehen in Betracht. Muss er einen Anspruch erst gegen einen Dritten realisieren (z.B. aus einem Nießbrauch), kommt der Anspruchsübergang in Betracht. Auf jeden Fall reicht es nicht aus, dass die Leistungen nur bewilligt worden sind. Auch vorläufige Leistungen reichen nicht aus.
Rz. 193
Wem die Leistungen erbracht worden sein müssen, regelt § 33 SGB II nicht in hinreichender Klarheit. Das tangiert auch die Regelung, dass der Anspruch nur bis zur Höhe geleisteter Aufwendungen übergeht und die konkrete Leistungserbringung kausal auf die Nichtleistung zurückgehen muss. Dabei stellt sich die Frage, welche "geleisteten" Aufwendungen für wen konkret vom Anspruchsübergang umfasst sind.
Die Rechtsprechung folgt der rechtssystematisch richtigen Lösung. Zwischen dem Leistungsempfänger und dem Anspruchsberechtigten muss Personenidentität bestehen. Demzufolge kommt es ausschließlich auf die gerade für den Berechtigten erbrachten Leistungen an (vgl. aber § 33 Abs. 1 S. 2 SGB II).
c) Die Rechtmäßigkeit der Sozialleistungsgewährung
Rz. 194
Strittig ist, ob materielle Rechtsmäßigkeitsvoraussetzung für den Anspruchsübergang die Rechtmäßigkeit der erbrachten Leistungen ist. Das BVerwG führte früher zu diesem Problem aus, dass eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der Leistungserbringung nur dann geboten sei, wenn die Voraussetzungen für den Sozialhilfeanspruch und den überzuleitenden Anspruch wesentlich unterschiedlich seien. Das dürfte bei Ansprüchen aus Erbfall und Schenkung stets der Fall sein. Stets soll es auf die Rechtmäßigkeit ankommen, wenn durch den Anspruchsübergang die Belange des Dritten in unzulässiger Weise verkürzt würden. Gemeint ist damit, dass die Verpflichtung des Dritten erst durch die (rechtswidrige) Gewährung der Hilfeleistung verursacht wurde, ohne diese nicht entstanden wäre und der Dritte damit in besonderer Weise schutzbedürftig ist.
Rz. 195
Zum Teil wird vertreten, dass schützenswerte Belange des Leistungsempfängers nicht dadurch verletzt werden, ob die Leistung rechtmäßig oder rechtswidrig erbracht wurde. Der Leistungsträger habe aber zu beachten, dass aufgrund des abschließenden Charakters von §§ 45, 50 SGB X die Leistung vorrangig vom Leistungsempfänger selbst zu fordern seien. Letzteres ist der zutreffende Lösungsansatz. Aus der sozialrechtlichen Binnensystematik im Allgemeinen und der grundsicherungsrechtlichen Leistungsstörungssystematik im sozialhilferechtlichen Leistungsverhältnis im Besonderen ergibt sich, dass rechts...