Rz. 87
Bei einer Kapitalversicherung hat der Versicherungsnehmer jederzeit das Recht, einen Dritten als Bezugsberechtigten einzusetzen. Die Bezugsberechtigung kann bereits bei Abschluss des Vertrags bestimmt werden, aber auch jederzeit nachträglich. Ebenfalls hat der Versicherungsnehmer das Recht, die Bezugsberechtigung jederzeit zu widerrufen. Ist zwar ein Bezugsberechtigter benannt, ist die Benennung aber nicht unwiderruflich, so kann der Versicherungsnehmer über die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag verfügen, sodass diese Ansprüche auch in diesem Fall zu seinem Vermögen gehören und bei ihm gepfändet werden können.
Rz. 88
Ist eine solche Bezugsberechtigung nicht erfolgt, ist der Schuldner alleiniger Inhaber sämtlicher Forderungsansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag. Ist die Versicherung auf den Todesfall abgeschlossen, fällt der Versicherungsanspruch an die Erben.
Rz. 89
Hat der Versicherungsnehmer einen Dritten als unwiderruflichen Bezugsberechtigten bezeichnet, erwirbt der Begünstigte ein sofort wirksames Recht, bei Eintritt des Versicherungsfalls die Versicherungsleistung an sich selbst verlangen zu können, § 159 Abs. 1 VVG. Der Versicherungsnehmer kann in diesem Fall die Versicherung selbst nicht mehr kündigen und auch die Bezugsberechtigung nicht widerrufen. Eine betriebliche Altersversorgung kann in Form einer Direktversicherung abgeschlossen werden. Die Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts und die sich daraus ergebende stärkere Rechtsstellung des Versicherungsnehmers schließen die Annahme, es handele sich um eine Maßnahme der betrieblichen Altersversorgung, nicht aus. Nach Auffassung des BGH erlangt der Gläubiger durch die Pfändung und Überweisung kein Recht zur Kündigung des Versicherungsvertrags. Er kann das dem Versicherungsnehmer trotz unwiderruflicher Bezugsrechtseinräumung verbliebene Kündigungsrecht nicht pfänden, da es nicht selbstständig, sondern nur zusammen mit dem Recht auf den Rückkaufswert übertragen und gepfändet werden kann.
Rz. 90
Da der Pfändungsgläubiger nicht mehr Rechte haben kann als der Schuldner selbst, ist die theoretisch denkbare Pfändung der Versicherung praktisch jedoch bedeutungslos. Andererseits kann natürlich der Bezugsberechtigte vor Eintritt des Versicherungsfalls versterben. In diesem Fall steht die Versicherungsleistung wiederum dem Versicherungsnehmer zu. Sofern der Gläubiger keine weiteren aussichtsreichen Verwertungsmöglichkeiten kennt, sollte er auch diese Pfändung nicht unterlassen.
Rz. 91
Mit der Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, mit dem die Ansprüche auf Auszahlung der Versicherungssumme einer Lebensversicherung, auf Widerruf der Bezugsberechtigung und auf Kündigung des Versicherungsvertrages gepfändet werden, ist nicht automatisch ein Widerruf bestehender Bezugsrechte verbunden. Der Gläubiger erhält durch den Beschluss nur die Rechte aus dem Versicherungsvertrag und es bleibt ihm überlassen, ob er diese auch ausübt.
Rz. 92
Bei einer gemischten Kapitalversicherung, also sowohl auf den Todes- als auch Erlebensfall, ist die unwiderrufliche Bezugsberechtigung häufig nur für den Fall des Todes des Versicherungsnehmers ausgesprochen. Tritt der vereinbarte Zeitpunkt für die Auszahlung der Versicherungsleistungen im Erlebensfall ein, ist das unwiderrufliche Bezugsrecht des Dritten für den Fall des Todes des Versicherungsnehmers gegenstandslos geworden. Auch in diesem Fall besteht für den Gläubiger jetzt eine Verwertungsmöglichkeit.
Rz. 93
Ist die Bezugsberechtigung des Dritten jederzeit widerruflich vereinbart, und ist der Versicherungsfall eingetreten, ist die Pfändung für den Gläubiger aussichtslos, da die Ansprüche aus der Lebensversicherung nunmehr ausschließlich dem Dritten zustehen. I.Ü. aber erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung erst mit dem Eintritt des Versicherungsfalls (§ 159 Abs. 2 VVG).
Rz. 94
Hinweise
Der Gläubiger sollte in jedem Fall, unabhängig von der Tatsache, ob er die genauen Umstände der Bezugsberechtigung kennt oder nicht, jedwede vereinbarte Bezugsberechtigung widerrufen. Unterlässt er dies, besteht die Gefahr, dass der Versicherungsfall eintritt und unabhängig von der Pfändung zahlt die Versicherung nunmehr ausschließlich an den Bezugsberechtigten die Leistungen aus.
Ein mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Pfändungsschuldners schwebend unwirksam gewordenes Pfändungspfandrecht (hier an einer Lebensversicherung) lebt dann, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht vom zuständigen Vollstreckungsorgan aufgehoben worden ist, mit der Freigabe der gepfändeten Forderung oder mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens wieder auf, ohne dass es einer erneuten Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner bedarf.