1. Kaufpreishinterlegung
Rz. 120
Bei Immobiliengeschäften wird vielfach im Kaufvertrag vereinbart, dass der zu zahlende Kaufpreis auf ein Notaranderkonto zu hinterlegen ist. Haben die Parteien eines Kaufvertrags die Abwicklung des Kaufpreises über ein Notaranderkonto vereinbart, entsteht mit Eingang des Geldes auf diesem Konto ein öffentlich-rechtlicher, abtretbarer und damit auch pfändbarer Auszahlungsanspruch des Verkäufers gegen den Notar. Wird eine Kaufpreiszahlung über ein Notaranderkonto abgewickelt, erstreckt sich das mit der Pfändung des Kaufpreisanspruchs entstandene Pfandrecht auf den Auszahlungsanspruch des Verkäufers gegen den Notar. Die mit der Pfändung des Hauptrechts verbundene Beschlagnahme erstreckt sich ohne weiteres auf alle Nebenrechte, die im Falle einer Abtretung nach §§ 412, 401 BGB auf den Gläubiger übergehen. Die Vorschrift des § 401 BGB erfasst neben den dort genannten Rechten auch andere unselbstständige Sicherungsrechte sowie Hilfsrechte, die zur Durchsetzung der Forderung erforderlich sind. Der Auskehrungsanspruch gegen den Notar ist nach der Rechtsprechung des BGH im Verhältnis zur Kaufpreisforderung als ein solches Nebenrecht einzuordnen. Die Einschaltung des Notars zur Abwicklung des Kaufpreises soll sicherstellen, dass die Ansprüche der Parteien Zug um Zug erfüllt werden. Die Vertragspartner sollen vor rechtlichen Nachteilen geschützt werden, die mit Inhalt und Zweck der getroffenen Regelung nicht vereinbar sind. Der Auszahlungsanspruch gegen den Notar entsteht im Zuge der Vertragsabwicklung; er hängt daher, solange die Kaufpreisforderung noch nicht erloschen ist, eng und unmittelbar mit ihr zusammen. Der Anspruch gegen den Notar wird nur deshalb begründet, weil der Verkäufer von seinem Vertragspartner nicht Zahlung an sich verlangen kann; er ergänzt die vertragliche Forderung.
Rz. 121
Hat der Gläubiger einen titulierten Anspruch gegen den Verkäufer, dem die Kaufpreisschuld gebührt, ist bei Zahlung des Kaufpreises seitens des Käufers entscheidend, ob die Zahlung auf das Notaranderkonto nur zu treuhänderischen Zwecken erfolgt oder ob mit dieser Hinterlegung die Kaufpreisschuld bereits als getilgt anzusehen ist. Sofern hierzu in dem Kaufvertrag keine eindeutigen Vereinbarungen getroffen sind, ist regelmäßig mit der Hinterlegung keine Erfüllung eingetreten.
2. Anspruch auf Kaufpreiszahlung
Rz. 122
Der Gläubiger hat daher nach wie vor die Möglichkeit, trotz der Hinterlegung den Anspruch des Verkäufers gegenüber dem Käufer auf Zahlung des Kaufpreises zu pfänden (§ 829 ZPO). Allerdings wird mit einem Pfändungsbeschluss über den "Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung" eines notariellen Kaufvertrags nicht der Anspruch des Schuldners gegen den Drittschuldner auf Zahlung des Kaufpreises aus diesem Vertrag erfasst. Die Pfändung wird wirksam mit Zustellung an den Käufer als Drittschuldner.
Rz. 123
Hinweis
Dringend zu empfehlen ist dem Gläubiger jedoch die Mitteilung über die wirksame Pfändung an den Notar (beglaubigter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nebst Zustellungsurkunde).
3. Auszahlungsanspruch aus Hinterlegung
Rz. 124
Aufgrund der Hinterlegung des Kaufpreises hat der Verkäufer wiederum einen Anspruch auf Auszahlung aus der Hinterlegung gegenüber dem Notar. Es handelt sich hierbei um einen Forderungsanspruch, der zwar nicht einklagbar ist, jedoch der Pfändung unterliegt. Sollte der Notar die Auszahlung nicht vornehmen, muss der Gläubiger im Wege der Dienstaufsicht vorgehen (§ 15 BNotO).
Rz. 125
Mit Hinterlegung des Kaufpreises ohne Erfüllungswirkung muss der Gläubiger aber in jedem Fall den Treuhandauftrag entsprechend den Kaufvertragsbedingungen gegen sich gelten lassen, z.B. Ablösung von nicht übernommenen Grundpfandrechten aus dem Kaufpreis. Der Drittschuldner kann dies im Rahmen der treuhänderischen Zweckbindung der Kaufpreisforderung einem Pfändungsgläubiger entgegenhalten. Der Gläubiger kann letztlich nicht mehr Rechte haben, als seinem Schuldner als Verkäufer zustehen.
4. Auszahlungsanspruch gegenüber Notar
Rz. 126
Sollte ausnahmsweise der Kaufpreis mit Erfüllungswirkung hinterlegt worden sein, bleibt dem Gläubiger nur die Pfändung des Auszahlungsanspruchs des Verkäufers gegenüber de...