1. Wesen der Gesellschaft
Rz. 172
Die stille Gesellschaft ist als Unterart der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts in §§ 230–236 HGB geregelt. Der stille Gesellschafter hat eine Vermögenseinlage zu erbringen, die in das Vermögen des Inhabers des Handelsgeschäfts übergeht; letzterer allein wird aus den in dem Betrieb geschlossenen Geschäften berechtigt und verpflichtet, § 230 HGB. Dem stillen Gesellschafter muss ein Anteil am Gewinn zustehen, § 231 Abs. 2 HGB.
Rz. 173
Obwohl der stille Gesellschafter keinen Anteil am Vermögen hat, steht ihm doch nach Auflösung der Gesellschaft ein Auseinandersetzungsguthaben zu, bezüglich dessen § 235 HGB nur sehr allgemeine Regeln gibt, die durch den Gesellschaftsvertrag ergänzt werden.
2. Pfändung und Verwertung
Rz. 174
Die stille Gesellschaft, die keine juristische Person ist, einer solchen auch nicht gleichsteht, reine Innengesellschaft ist und kein Gesamthandsvermögen kennt, kann selbst nicht Vollstreckungsschuldner sein.
Rz. 175
Die Forderung des Unternehmers gegen den stillen Gesellschafter auf Leistung der Einlage ist als gewöhnliche Geldforderung nach § 829 ZPO zu pfänden und nach § 835 ZPO zu überweisen. Drittschuldner ist der stille Gesellschafter.
Rz. 176
Die Ansprüche des stillen Gesellschafters gegen den Unternehmer sind nach § 829 ZPO zu pfänden. Drittschuldner ist der Inhaber des Handelsgeschäfts, der Unternehmer.
Rz. 177
Die Verwertung der gepfändeten Forderung geschieht regelmäßig durch Überweisung zur Einziehung. Wie bei der offenen Handelsgesellschaft wird der Vollstreckungsgläubiger durch Pfändung und Überweisung zur Kündigung der Gesellschaft befugt, wenn sein Titel im Zeitpunkt der Kündigungserklärung nicht bloß vorläufig vollstreckbar ist. Der Grund ist, dass das Ausscheiden aus der Gesellschaft für den Schuldner ein schwerwiegender Eingriff ist und daher endgültig feststehen muss, dass der Schuldner dem Gläubiger zur Zahlung verpflichtet ist. Dies ist allerdings nicht nur dann gegeben, wenn der Titel rechtskräftig ist, sondern auch bei nicht der Rechtskraft fähigen Titeln wie dem – nicht mehr widerrufbaren – Prozessvergleich oder der notariellen Urkunde, weil auch diese mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angegriffen werden können.
Rz. 178
Zusätzlich muss die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Privatvermögen des Vollstreckungsschuldners – nicht notwendig vom jetzigen Vollstreckungsgläubiger – innerhalb der letzten 6 Monate vor der Pfändung ernsthaft versucht worden sein (§§ 234, 135 HGB); auf die Reihenfolge zwischen Rechtskraft, Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und den anderweitigen Vollstreckungsversuchen kommt es nicht an.
Rz. 179
Die Kündigung führt zur Auflösung der Gesellschaft, § 234 HGB. Die Auflösung der Gesellschaft bringt den Auseinandersetzungsanspruch des stillen Gesellschafters zum Entstehen, § 235 HGB. Kündigungsfristen ergeben sich entweder aus dem Vertrag (der vorrangig ist) oder aus § 132 HGB. Der Vollstreckungsgläubiger kündigt also zweckmäßig zum nächst zulässigen Termin und muss aus der Drittschuldnererklärung entnehmen, wann dieser Termin ist (§ 840 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Rz. 180
Weil es keinen Anteil des Vollstreckungsgläubigers am Gesellschaftsvermögen gibt, besteht das Auseinandersetzungsguthaben des stillen Gesellschafters nur aus seinem (durch den Vertrag geregelten) Anspruch auf Beteiligung an Gewinn und auf Rückzahlung seiner Einlage.
Rz. 181
Wird nur der Anspruch auf fortlaufende Zahlung des Gewinnanteils gepfändet, bedarf es keiner Kündigung.