Rz. 141
Zitat
BGB § 249 Abs. 2 S. 1; ZPO § 287
a) |
Sowohl die Schwacke-Liste als auch der Fraunhofer-Mietpreisspiegel sind grundsätzlich zur Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten geeignet. |
b) |
Da die Listen nur als Grundlage für eine Schätzung dienen, kann der Tatrichter im Rahmen seines Ermessens nach § 287 ZPO von dem sich aus den Listen ergebenden Tarif etwa durch Abschläge oder Zuschläge abweichen |
a) Der Fall
Rz. 142
Die Klägerin machte als Mietwagenunternehmen aus abgetretenem Recht des Geschädigten gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Schädigers restliche Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall geltend. Am 23.12.2006 verschuldete der bei der Beklagten versicherte Schädiger einen Verkehrsunfall, für den die volle Haftung der Beklagten unstreitig war. Am 27.12.2006 besichtigte ein Sachverständiger das Fahrzeug und gelangte gemäß seinem Gutachten vom 29.12.2006 zum Ergebnis, eine Reparatur des Fahrzeugs dauere etwa sieben Arbeitstage. Der Geschädigte benötigte aus beruflichen Gründen ein Ersatzfahrzeug und setzte sich, nachdem er auf telefonische Anfragen bei den Firmen A und S keinen Preis genannt bekommen hatte, mit der Klägerin in Verbindung. Dort mietete er am 27.12.2006 nach einem sogenannten Einheitstarif ein Fahrzeug der für seinen Fahrzeugtyp geltenden Mietwagenklasse 5 zu einem Tagessatz von 100 EUR pauschal zuzüglich Nebenkosten für Haftungsbefreiung, Zustellung und Abholung sowie Winterbereifung an. Zuvor waren ihm Vergleichstabellen zu Tarifen anderer Fahrzeuganbieter vorgelegt worden.
Rz. 143
Der Mietwagen wurde für 18 Tage in Anspruch genommen, wofür die Klägerin unter Berücksichtigung einer Eigenersparnis insgesamt 2.757 EUR in Rechnung stellte. Die Beklagte erstattete davon 1.999 EUR auf Grundlage der Schwacke-Liste für das Postleitzahlengebiet des Orts der Anmietung gemäß Preisgruppe 4 nebst Nebenkosten.
Rz. 144
Das Amtsgericht hat der Klage unter Abweisung im Übrigen in Höhe von 680 EUR nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Es hat die Revision vor dem Hintergrund der streitigen Rechtsfrage zugelassen, ob der vom Berufungsgericht zugrunde gelegte "Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008" des Fraunhofer Instituts Arbeitswirtschaft und Organisation (Fraunhofer-Mietpreisspiegel) eine geeignete Schätzungsgrundlage für die Höhe der erforderlichen Mietwagenkosten darstellt.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 145
Das Berufungsurteil hielt einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Zwar durfte das Berufungsgericht grundsätzlich der Berechnung des von ihm angewendeten "Normaltarifs" den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde legen. Zu beanstanden war aber, dass es den zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin, der Geschädigte sei nicht in der Lage gewesen, bei anderen Vermietern ein Fahrzeug anzumieten, so dass ein Aufschlag zum "Normaltarif" zu gewähren sei, gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zugelassen hatte.
Rz. 146
Das Berufungsgericht war gemäß der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz der Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Darüber hinausgehende, mithin nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war.
Rz. 147
Nach diesen Grundsätzen war nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht es für die Zubilligung eines Aufschlags wegen spezifischer Unfallersatzleistungen nicht als ausreichend angesehen hatte, dass der Geschädigte zwei erfolglose Telefonate mit anderen Mietwagenunternehmen geführt und sodann lediglich in die ihm von der Klägerin vorgelegte Preisliste sowie in den Schwacke-Mietpreisspiegel Einblick genommen hatte. Insbesondere, weil die vorgelegten Preislisten lediglich das Unfallersatzgeschäft bei der Anmietung infolge eines unverschuldet erlittenen Verkehrsunfalls betrafen, machte dies aus Sich...