Rz. 198
a) Der Fall
Rz. 199
Die Klägerin, ein Mietwagenunternehmen, machte nach einem Verkehrsunfall vom 22.12.2010 aus abgetretenem Recht des Geschädigten restliche Mietwagenkosten gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Schädigers geltend, dessen volle Haftung dem Grunde nach unstreitig war.
Rz. 200
Der Geschädigte mietete bei der Klägerin für seinen beschädigten Pkw VW Passat Variant Diesel, Leistung 103 kW, ein Ersatzfahrzeug an, für welches ihm für die Zeit vom 23. bis zum 30.12.2010 ein Betrag in Höhe von 1.166,68 EUR in Rechnung gestellt wurde. Am 23.12.2010 trat er die Schadensersatzforderung auf Erstattung der Mietwagenkosten an die Klägerin ab. Nach Teilzahlung der Beklagten machte die Klägerin einen Restbetrag in Höhe von 636,96 EUR geltend.
Rz. 201
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Abtretung gemäß § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen § 3 RDG unwirksam sei. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung der beantragten restlichen Mietwagenkosten verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 202
Das angefochtene Urteil hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hatte das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten gemäß § 5 Abs. 1 S. 1 RDG grundsätzlich erlaubt ist, wenn – wie hier – allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist.
Rz. 203
Das Berufungsgericht war auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin nach § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, § 398 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand (§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB) Ersatz der Mietwagenkosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot kann der Geschädigte für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen. Darüber hinausgehende, bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht erforderliche Mietwagenkosten kann der Geschädigte aus dem Blickwinkel der subjektbezogenen Schadensbetrachtung nur dann ersetzt verlangen, wenn er darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass ihm unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt kein wesentlich günstigerer (Normal-)Tarif zugänglich war.
Rz. 204
Die Revision hielt allerdings mit Recht die Schätzung des der Klägerin zugänglichen Normaltarifs für fehlerhaft.
Rz. 205
Die Bemessung der Höhe des Schadensersatzanspruchs ist in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders frei gestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder der Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt worden sind. Die Art der Schätzungsgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Die Schadenshöhe darf lediglich nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden und ferner dürfen wesentliche die Entscheidung bedingende Tatsachen nicht außer Betracht bleiben. Auch darf das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche fachliche Erkenntnisse nicht verzichten. Gleichwohl können in geeigneten Fällen Listen oder Tabellen bei der Schadensschätzung Verwendung finden. Nach diesen Grundsätzen ist der Tatrichter grundsätzlich weder gehindert, seiner Schadensschätzung die Schwacke-Liste noch den Fraunhofer-Mietpreisspiegel zugrunde zu legen. Der Umstand, dass die vorhandenen Markterhebungen im Einzelfall zu deutlich voneinander abweichenden Ergebnissen führen können, genügt nicht, um Zweifel an der Eignung der einen oder anderen Erhebung als Schätzgrundlage zu begründen. Die Listen dienen dem Tatrichter nur als Grundlage für seine Schätzung nach § 287 ZPO. Er kann im Rahmen seines Ermessens unter Berücksichtigung der Umstände...