Rz. 25
Zitat
BGB § 249; ZPO § 287
Zur Schätzung der erforderlichen Herstellungskosten nach den Tabellen zur Nutzungsausfallentschädigung bei Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu einem Unfallersatztarif.
a) Der Fall
Rz. 26
Die Parteien stritten um die Erstattung weiterer Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall. Der Kläger hielt die Beklagte zur Erstattung des dreifachen Nutzungsausfalls nach der Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch für verpflichtet. Das Berufungsgericht ist dieser Auffassung gefolgt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 27
Das Berufungsgericht hatte im Wesentlichen ausgeführt, der Autorenrat für die Nutzungsentschädigungstabelle nach Sanden/Danner/Küppersbusch setze sich paritätisch aus einem Vertreter der Versicherungswirtschaft, einem Vertreter eines Automobilclubs und einem technischen Sachverständigen zusammen und fälle seine Entscheidungen über Berechnung, Umstufung und Höhe der Nutzungsentschädigung in der Regel übereinstimmend. Bei den zugrunde liegenden Mietwagenkosten stütze sich der Autorenrat auf den Automietpreisspiegel von eurotax Schwacke Expert. In einem Berechnungsbeispiel betrage der Nutzungswert 33,52 % der durchschnittlichen Mietwagenkosten abzüglich Eigenersparnis für diese Fahrzeugklasse. Das zeige die Eignung des dreifachen Nutzungswerts als Bemessungsgrundlage für die Schätzung, welche Mietwagenkosten gemäß § 249 ZPO erforderlich seien. An einer solchen nach freiem Ermessen unter Anlegung generalisierender Maßstäbe vorgenommenen Schätzung gemäß § 287 ZPO sei das Berufungsgericht durch die Rechtsprechung zur Erforderlichkeit der Kosten von Unfallersatztarifen nicht gehindert.
Rz. 28
Das Berufungsurteil hielt der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Wie der BGH inzwischen mehrfach dargelegt hat, ist es zwar nicht erforderlich, dass der bei der Schadensberechnung nach § 287 ZPO besonders freie Tatrichter für die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines "Unfallersatztarifs" die Kalkulation des konkreten Unternehmens – gegebenenfalls nach Beratung durch einen Sachverständigen – in jedem Falle nachvollzieht. Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den "Normaltarif" in Betracht kommt. In Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO kann der Tatrichter den "Normaltarif" auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten – gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung – ermitteln.
Rz. 29
Die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des erkennenden Senats abweichen wollte, waren nicht stichhaltig. Sie waren nicht fallbezogen und beruhten nicht auf sachverständiger Beratung, sondern stützten sich auf eigene Schätzungen und Vermutungen ohne die hierzu auch im Rahmen des § 287 ZPO erforderliche Sachkunde darzulegen. Sie waren daher nicht geeignet, die angefochtene Entscheidung zu tragen, zumal die Beklagte vorgetragen hatte, die Autovermietung habe das angemietete Fahrzeug im "Normaltarif" zu dem von der Beklagten bezahlten Betrag angeboten.
Deshalb war revisionsrechtlich der schlüssige Vortrag der Beklagten als Revisionsklägerin zu unterstellen, dass der geltend gemachte Unfallersatztarif nicht erforderlich gewesen sei.
Rz. 30
Soweit das Berufungsgericht erforderliche Mietwagenkosten anhand des dreifachen Satzes der Nutzungsausfallentschädigung nach Sanden/Danner/Küppersbusch geschätzt hatte, machte dies eine Prüfung, ob der Unfallersatztarif erforderlich war, nicht entbehrlich. Bei seiner Schätzung ist es nämlich entgegen der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon ausgegangen, dass ein Unfallersatztarif grundsätzlich nicht ersatzfähig sei und Mietwagenkosten nur im Rahmen des dreifachen Satzes der Nutzungsausfallentschädigung für ein Fahrzeug der Gruppe des Unfallfahrzeugs als erforderlich anzusehen seien. Es hatte somit nicht berücksichtigt, dass möglicherweise beim Unfallersatztarif ein Aufschlag auf den "Normaltarif" zuzubilligen ist. Daher hatte es seiner Schätzung einen Ausgangspunkt zugrunde gelegt, der einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht standhielt. Hinzu kam, dass das angefochtene Urteil eine Begründung dafür vermissen ließ, aus welchem Grund der dreifache Tagessatz der Nutzungsausfallentschädigung maßgebend sein soll. Allein der Umstand, dass der dreifache Tagessatz in einem einzigen Beispielsfall einem "Normaltarif" entsprochen haben mag, zeigt eine generelle Berechtigung dieser Schätzung nicht auf.
Im Streitfall konnte die Frage der Erforderlichkeit nach den bisher getroffenen Feststellungen auch nicht offen bleiben.
Rz. 31
Die Frage, ob ein Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist, kann offen ...