Rz. 55
Zitat
BGB § 249; ZPO § 287
a) |
Zur Schätzung eines Aufschlags zum Normaltarif bei einem sogenannten Unfallersatztarif (hier: Aufschlag von 15 %). |
b) |
Der Schädiger muss darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen "ohne weiteres" zugänglich gewesen ist. |
a) Der Fall
Rz. 56
Die Parteien stritten um die Erstattung restlicher Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall vom 19.10.2004. Die Haftung des Beklagten stand dem Grunde nach außer Streit.
Der Kläger hatte das Unfallfahrzeug unrepariert verkauft und sich ein Ersatzfahrzeug angeschafft. Die Reparaturdauer des Unfallwagens hätte laut Sachverständigengutachten 5 Arbeitstage betragen. Vom 19. bis 28.10.2004 mietete der Kläger einen Ersatzwagen an, für den der Vermieter 1.082 EUR in Rechnung stellte. Der Beklagte hat hierauf vorprozessual 255 EUR gezahlt und eine weitergehende Erstattung abgelehnt.
Mit seiner Klage hat der Kläger den Restbetrag der Mietwagenkosten geltend gemacht. Das Amtsgericht hat den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen zur Zahlung von 66 EUR verurteilt. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von 390 EUR verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgten der Kläger sein Klagebegehren und der Beklagte im Wege der Anschlussrevision seinen Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 57
Das Berufungsurteil hielt den Angriffen der Revision und der Anschlussrevision stand.
aa) Zur Revision des Klägers
Rz. 58
Das Berufungsurteil entsprach in seinem rechtlichen Ansatz der gefestigten Rechtsprechung des erkennenden Senats.
Rz. 59
Danach kann der Geschädigte vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherer nach § 249 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand nur den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte ist hierbei nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren von mehreren möglichen den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis als zur Herstellung objektiv erforderlich ersetzt verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings noch nicht allein deshalb gegen seine Pflicht zur Schadensgeringhaltung, weil er ein Kraftfahrzeug zu einem Unfallersatztarif anmietet, der gegenüber dem "Normaltarif" teurer ist, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind.
Rz. 60
Der bei der Schadensberechnung nach § 287 ZPO besonders freie Tatrichter muss für die Prüfung der betriebswirtschaftlichen Rechtfertigung eines "Unfallersatztarifs" die Kalkulation des konkreten Unternehmens nicht in jedem Falle nachvollziehen. Vielmehr kann sich die Prüfung darauf beschränken, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein einen Aufschlag rechtfertigen, wobei unter Umständen auch ein pauschaler Aufschlag auf den "Normaltarif" in Betracht kommt. In Ausübung seines Ermessens nach § 287 ZPO kann der Tatrichter den "Normaltarif" auch auf der Grundlage des gewichteten Mittels des Schwacke-Mietpreisspiegels im Postleitzahlengebiet des Geschädigten – gegebenenfalls mit sachverständiger Beratung – ermitteln.
Rz. 61
Das Berufungsgericht durfte diese Grundsätze seiner Entscheidung zugrunde legen, auch wenn der Kläger Kalkulationsgrundlagen und weitere betriebswirtschaftliche Unterlagen seines Autovermieters vorgelegt hatte. Die Beschränkung der Prüfung darauf, ob spezifische Leistungen bei der Vermietung an Unfallgeschädigte allgemein bzw. bei Unternehmen dieser Art einen Aufschlag rechtfertigen, dient nicht nur dem Interesse des Geschädigten, um den für ihn bestehenden Darlegungs- und Beweisschwierigkeiten zu begegnen. Diese Art der Prüfung gewährleistet vielmehr auch, dass die erforderlichen Mietwagenkosten nach einem Unfall anhand objektiver Kriterien ermittelt werden, ohne dass es für die Erforderlichkeit im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB auf die konkrete Situation und Kalkulation des einzelnen Vermieters ankommt.
Rz. 62
Auch die Erwägungen des Berufungsgerichts, aufgrund derer es den vom Sachverständigen für möglich gehaltenen Aufschlag wegen des Auslastungsrisikos und eines höheren Forderungs- und Mietausfallrisikos nicht berücksichtigt hat, waren revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Rz. 63
Die g...