Rz. 82
Zitat
BGB §§ 249, 254; ZPO § 287
a) |
Mietet ein Verkehrsunfallgeschädigter bei einem Autovermieter ein Ersatzfahrzeug zu einem überhöhten Preis an, ohne sich nach der Höhe der Mietwagenkosten anderweit erkundigt zu haben, so trägt er die Darlegungs- und Beweislast für seine Behauptung, ein günstigerer Tarif sei ihm nicht zugänglich gewesen. |
b) |
Dem Tatrichter steht es im Rahmen des durch § 287 ZPO eingeräumten Schätzungsermessens frei, ob er zur Bestimmung der Höhe erforderlicher Mietwagenkosten auf den Schwacke-Mietpreisspiegel aus dem Jahr 2003 oder aus dem Jahr 2006 zurückgreift. Bedenken gegen eine Schätzgrundlage muss nicht durch Beweiserhebung nachgegangen werden, wenn eine andere geeignete Schätzgrundlage zur Verfügung steht. |
a) Der Fall
Rz. 83
Der beklagte Haftpflichtversicherer war einstandspflichtig für den Ersatz des Schadens, der den Klägerinnen aufgrund eines Verkehrsunfalls am 27.9.2005 entstanden war. Die Parteien stritten über den Ersatz restlicher Mietwagenkosten.
Rz. 84
Bei dem Unfall wurde das Fahrzeug der Klägerinnen beschädigt, war aber noch fahrfähig. Bei der Begutachtung am nachfolgenden Tag ergab sich eine Reparaturdauer von 11 Tagen. Am 29.9.2005 nahm die Beklagte in einem an die Klägerinnen gerichteten Schreiben unter anderem zur Höhe der Mietwagenkosten Stellung, welche in der relevanten Mietwagenklasse 49 EUR pro Tag betrügen. Am 4.10.2005, dem Tag des Reparaturbeginns, mieteten die Klägerinnen bei einer Autovermietung ein Ersatzfahrzeug zum Preis von 158 EUR netto täglich an. Auf den vom Autovermieter in Rechnung gestellten Betrag von 1.650 EUR zahlte die Beklagte 699 EUR. Den Differenzbetrag verlangten die Klägerinnen mit der Klage ersetzt.
Rz. 85
Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 32 EUR stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerinnen hatte keinen Erfolg. Vielmehr hat das Berufungsgericht auf die Anschlussberufung der Beklagten die Klage vollständig abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgten die Klägerinnen ihren Klagantrag weiter. Die Revision hatte keinen Erfolg.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 86
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann der Geschädigte nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf. Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt – nicht nur für Unfallgeschädigte – erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann.
Rz. 87
Das Berufungsurteil enthielt keine Ausführungen dazu, ob der den Klägerinnen berechnete Tarif gerechtfertigt sein konnte, weil die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation (etwa die Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalls mit der Ersatzforderung wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen durch den Kunden oder das Mietwagenunternehmen u.Ä.) einen gegenüber dem "Normaltarif" höheren Preis rechtfertigten, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhten, die durch die Besonderheiten der Unfallsituation veranlasst und infolge dessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich waren. Allerdings war den Rechtsausführungen im Berufungsurteil zu entnehmen, dass das Berufungsgericht die einschlägige Rechtsprechung des erkennenden Senats zur Kenntnis genommen hatte und bei seiner Rechtsprechung in Rechtsstreitigkeiten über Mietwagenkosten regelmäßig zugrunde legt. Den Ausführungen der Vorinstanzen konnte zudem entnommen werden, dass der in Anspruch genommene Autovermieter keinen als Unfallersatztarif bezeichneten, sondern einen einheitlichen Tarif angeboten hatte.
Rz. 88
Die Revision rügte, das Berufungsgericht habe keine Feststellungen dazu getroffen, ob den Klägerinnen vorliegend ein günstigerer Tarif auf dem zeitlichen und örtlichen Markt zugänglich gewesen wäre; wenn es meine, die Klägerinnen, da sie keine Vergleichsangebote eingeholt hätten, ohne weiteres auf den Normaltarif nach Schwacke verweisen zu können, verkenne es entweder, dass nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ein über dem ortsüblichen Normaltarif liegender Tarif zu erstatten sei, wenn dem Geschädigten auf dem zeitlichen und örtlichen Markt kein günstigerer Tarif zugänglich sei, oder aber es übergehe Parteivortrag der Klägerinnen. Damit konnte die Revision keinen Erfolg haben.
Rz. 89
Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann die Frage, ob ein Unfallersatztarif aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB ist, offen bleiben, wenn fests...