a) Begriff des Landguts
Rz. 296
Voraussetzung für die Privilegierung nach § 2312 BGB ist die geschlossene Zuwendung eines – im Zeitpunkt des Erbfalls – lebensfähigen Landguts (an einen einzigen Erwerber). Eine Legaldefinition des Begriffs "Landgut" enthält das Gesetz nicht. Nach h.M. setzt ein Landgut entsprechend den Regelungen des § 585 Abs. 1 S. 2 BGB voraus, dass auf den in Rede stehenden Grundstücken Landwirtschaft im Sinne einer Bodenbewirtschaftung oder eine mit Bodennutzung verbundene Tierhaltung betrieben wird, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen. Außerdem muss es sich um eine zum selbstständigen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft einschließlich der Viehzucht bestimmte und geeignete Wirtschaftseinheit einschließlich der dazugehörigen Wirtschaftsgebäude handeln, die von einer Stelle aus bewirtschaftet werden kann. Von einem selbstständigen Landgut kann nicht die Rede sein, wenn die Grundstücke mit einem anderen landwirtschaftlichen Besitztum wirtschaftlich so verbunden sind, dass ihre eigenständige Bewirtschaftung nicht möglich ist oder wenn dokumentiert ist, dass eine solche nicht beabsichtigt wird.
Rz. 297
Ob auch Wohngebäude vorhanden sein müssen, ist zunehmend umstritten. Nach zutreffender Ansicht muss es ausreichen, wenn eine Bewirtschaftung des Hofes von einer in näherem räumlichem Zusammenhang mit den zu bewirtschaftenden Flächen liegenden Wohnmöglichkeit aus für den Übernehmer möglich ist. Als Landgut kommen auch Betriebe mit sog. Sonderkulturen in Betracht, beispielsweise Weinbau und Erwerbsobstbau. Gleiches kann für einen Gärtnereibetrieb, eine Vieh- und Geflügelzucht sowie ein reines Forstgut gelten.
Rz. 298
Betriebe mit Massentierhaltung, die im Wesentlichen mit Hilfe zugekauften Futters betrieben werden, stellen i.d.R. keine Landgüter dar. Auch für eine Pferdepension hat das OLG München die Landguteigenschaft zutreffend verneint. Das gilt auch dann, wenn ein Zusammenhang mit einer Grünland- oder Forstbewirtschaftung besteht. Denn die Pensionstierhaltung stellt keine landwirtschaftliche Urproduktion dar.
Werden auf einem Landgut weitere Gewerbe, bspw. ein Gasthof, eine Brennerei oder Brauerei betrieben, handelt es sich um einen sog. Mischbetrieb. Die einzelnen Betriebsteile sind hier grundsätzlich getrennt voneinander zu bewerten.
Rz. 299
Eine (vorübergehende) Verpachtung des Betriebs vor der Übergabe führt grundsätzlich nicht zum Verlust der Landgut-Eigenschaft (Interimsverpachtung). Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine realisierbare Absicht des Übernehmers besteht, den Betrieb selbst wieder aufzunehmen und dauerhaft fortzuführen (vgl. unten Rdn 307 f.).
Rz. 300
Kein Landgut bilden aber einzelne Grundstücke oder auch eine Mehrheit von solchen, die nicht einer Hofstelle zugeordnet sind, von der aus sie einheitlich bewirtschaftet werden können. Die Art der Nutzung ist in diesem Fall irrelevant. Auch eine Pferdepension ist nicht als Landgut anzusehen. Auch die dauerhafte Verpachtung führt zum Verlust der Landgut-Eigenschaft.