Rz. 183
Börsengehandelte Aktien werden grundsätzlich mit dem Kurswert am Todestag – ohne zeitanteilige Berücksichtigung der zu erwartenden Dividende – angesetzt. Das gilt auch, wenn dieser ungewöhnlich hoch oder niedrig liegen sollte. Starke Kursschwankungen sind typisch für diese Form der Vermögensanlage, was auch bei der erbrechtlichen Bewertung zu beachten ist. Dies muss auch bei besonders heftigen "Kurssprüngen" gelten. Soweit kein DAX-Wert vorliegt, ist der mittlere Tageskurs an dem Börsenplatz, der dem Erblasserwohnsitz am nächsten liegt, anzusetzen. Daneben können besondere Umstände Zu- und Abschläge rechtfertigen, so einen "Paketzuschlag" bei Aktienpaketen und Aktienbesitz an Familiengesellschaften, die eine Sperrminorität oder sonst besondere Einflussmöglichkeit verschaffen.
Rz. 184
Vinkulierte Aktien sind in der Regel nicht börsennotiert, ihr Wert kann daher aus Verkäufen oder dem anteiligen Unternehmenswert abgeleitet werden. Die nur eingeschränkte Übertragbarkeit ist dabei ggf. durch angemessene Abschläge zu berücksichtigen. Aktien ausländischer Kapitalgesellschaften sind so wie die inländischer zu bewerten, wenn sie im amtlichen Handel erfasst werden. Andernfalls kann auch auf Telefonkurse oder ausländische Kursnotierungen (insbesondere im Emissions-Staat) zurückgegriffen werden.
Rz. 185
Das Anwartschaftsrecht des Nacherben wird von der h.M. als unsicheres Recht angesehen, auf das § 2313 BGB anzuwenden ist (siehe Rdn 261). Soweit ein Anwartschaftsrecht als solches marktgängig oder wenigstens grundsätzlich veräußerbar ist, muss es mit seinem Verkehrswert angesetzt werden. Zum Anwartschaftsrecht des Vorbehaltskäufers siehe Rdn 266. Zum Anwartschaftsrecht an einem Grundstück siehe DIV-Gutachten DAVorm 1989, 669.
Rz. 186
Ausländische Zahlungsmittel sind mit dem mittleren Kurswert im Zeitpunkt des Erbfalls anzusetzen, zu dem die Banken des Landes, in dem der Erblasser verstorben ist, die ausländische Währung ankaufen.
Rz. 187
Bei Bausparverträgen ist zu unterscheiden, in welchem Stadium sich diese befinden: Bis zur Auszahlung des Bausparguthabens ist grundsätzlich nur dieses Guthaben als Kapitalforderung zu erfassen und mit dem jeweiligen Stichtagswert anzusetzen. Dies gilt unabhängig davon, ob bei einer etwaigen Veräußerung eventuell ein höherer Betrag erzielt werden könnte, weil der Bausparvertrag in Kürze zuteilungsreif ist. Das Bausparguthaben besteht aus den eingezahlten Bauspareinlagen, den aufgelaufenen Guthabenzinsen und den Abschlussgebühren.
Nach Auszahlung der Bausparsumme stellt nur der das Bausparguthaben übersteigende zugeteilte Betrag eine Darlehensschuld dar. Diese ist dementsprechend zu bewerten. Zinszahlungen und Verwaltungskosten bleiben hierbei außer Ansatz; Gleiches gilt für eine etwa abzuschließende Risikolebensversicherung (da diese keinen Rückkaufswert hat).
Haben Ehegatten gemeinsam einen Bausparvertrag abgeschlossen, steht ihnen das Guthaben im Zweifel jeweils zu gleichen Teilen zu, wobei unterschiedlich hohe Einzahlungen aber gegebenenfalls Pflichtteilsergänzungsansprüche auslösen können.
Rz. 188
Briefmarken sind mit dem gemeinen Wert anzusetzen, da es einen eigenen, wenn auch allein an den Sammlern orientierten Markt gibt. Die gängigen Sammlerkataloge (z.B. der sog. Michel-Katalog) weisen allerdings meist überzogene Werte aus und sind für die Bewertung nicht entscheidend. Realitätsgerechter sind die bei Versteigerungsaktionen erzielten Preise oder die in den einschlägigen Läden zu zahlenden. Für komplette Sammlungen wird dabei oftmals ein Zuschlag gegenüber der Einzelverwertung gezahlt, so dass der Gesamtwert anzusetzen ist. Dagegen muss außer Betracht bleiben, dass über eine über lange Zeit hinweg erfolgende Verkaufsbestrebung u.U. ein höherer Wert zu erzielen ist.
Rz. 189
Bei Bundesschatzbriefen wird nach Typ A und Typ B unterschieden. Bei Bundesschatzbriefen des Typ B erhöht sich der Wert jährlich um die im jeweils abgelaufenen Jahr angefallenen Zinsen bzw. Zinseszinsen. Bundesschatzbriefe des Typ A werden mit dem jeweiligen Nennwert angesetzt. Die jährlichen Zinsen werden hier jeweils an den Anleger ausgekehrt. Bundesschatzbriefe des Typ B sind mit ihrem jeweiligen Rückzahlungswert am Stichtag anzusetzen. Aufgrund der Vergleichbarkeit mit Zero-Bonds erfolgt die Wertermittlung nach den dort dargestellten Grundsätzen (vgl. unten Rdn 221).
Eine ähnliche Differenzierung wie bei Bundesschatzbriefen muss auch für Sparbriefe gelten, die in ähnlicher Weise ausgestaltet sind.
Rz. 190
Soweit Bestandteilen des digitalen Nachlasses ein Vermögenswert zukommt (so beispielsweise bei E-Books, gespeicherter Musik und Filmen oder auch bei Internet-Adressen/Domains), ist dieser zu ermitteln. Die dogmatischen Vorgabe unterscheiden sich hier nicht von der Bewertung anderer Nachlassgegenstände (maßgeblich ist der Verkehrswert). Die Wertermittlung kann sich aber im Einzelfall als äußerst komplex darstell...