Rz. 42
Für die Behandlung von Hypotheken, Sicherungsgrundschulden, Pfandrechten und Bürgschaften werden zwei unterschiedliche Ansätze vertreten: (1) Die eine Ansicht geht den Weg über § 2313 Abs. 2 BGB und lässt die sich hieraus ergebende Haftungsgefahr zunächst außer Betracht, solange offen ist, ob und in welcher Höhe der Sicherungsgeber in Anspruch genommen wird. Sie muss aber später die Pflichtteilszahlungen wieder korrigieren, wenn es doch zu einer Realisierung der Haftung kommt. (2) Nach der Gegenansicht mindern diese Sicherungsrechte den Nachlasswert, soweit sie valutiert sind. Nach beiden Auffassungen ist aber ein Freistellungsanspruch des Sicherungsgebers bei ihm zu aktivieren und unter Berücksichtigung seiner Realisierbarkeit dieser möglichen Haftung gegenüberzustellen ist.
Rz. 43
Beide Auffassungen übersehen, dass zwei verschiedene Fallkonstellationen zu unterscheiden sind: Soweit die genannten Sicherungsrechte Verbindlichkeiten des Erblassers sichern, entsteht durch die von ihm gestellten Sicherheiten keine neue zusätzliche Minderung des Nachlasswerts, denn die dadurch gesicherten Verbindlichkeiten werden ohnehin wertmindernd passiviert, die akzessorischen Sicherungsrechte können nur in Höhe der tatsächlichen Schuld verwertet werden, bei Sicherungsabtretung, -übereignung und -grundschuld steht einer weitegehenden Verwertung der Rückgewähranspruch aus der Sicherungsabrede gegenüber. Würden sowohl die gesicherten Verbindlichkeiten als auch die dafür gestellten Sicherheiten jeweils gesondert berücksichtigt, so käme es zu einem ungerechtfertigten doppelten Schuldansatz zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten.
Rz. 44
Anders liegt es, wenn fremde Schulden abgesichert werden, wobei eine solche getrennte Betrachtung selbst bei Schulden von Ehegatten vorzunehmen ist. Die vorstehend genannten Meinungen diskutieren an sich nur diese Situation. Beide Lösungsansätze erscheinen vertretbar. Die über § 2313 Abs. 2 BGB erscheint systemkonformer, weil sie weitgehend die Einschätzung zukünftiger Entwicklungen vermeidet, belastet jedoch den Sicherungsgeber mit dem Insolvenzrisiko, wenn der Pflichtteilsberechtigte ihm im Rahmen der nach § 2313 BGB vorzunehmenden Ausgleichung das nicht mehr zurückzahlen kann, was er zunächst – wegen der zu optimistischen Einschätzung der Haftungssituation – zu viel erhalten hat.
Derselbe Lösungsweg gilt auch für Bürgschaftsverpflichtungen. Eine Passivierung setzt voraus, dass die Inanspruchnahme nicht nur droht bzw. wahrscheinlich ist, sondern (so gut wie) sicher ist. Das gilt spiegelbildlich auch für einen Regressanspruch gegen den eigentlichen Schuldner (soweit dieser überhaupt werthaltig ist).